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    Kunst am Bau: Interview mit Julius von Bismarck

    Am Montag, den 27. März 2023, war Julius von Bismarck am CML zu Gast. Er hat das Kunstwerk „Ocean Apparatus“ geschaffen. Dabei handelt es sich um vier rote Bojen, die hoch oben an unserem Forschungsgebäude im Harburger Binnenhafen angebracht sind. Sie bewegen sich wie echte Bojen auf dem offenen Meer. Diese Bewegungen basieren auf realen Wellenmessdaten von Bojen auf dem offenen Meer. Am Montag sprach Julius von Bismarck mit uns über seinen Schaffensprozess und seine Gedanken zu „Ocean Apparatus".

    © Jörg Dedering
    Julius von Bismarck

    Wie lautete die Aufgabenstellung in diesem konkreten Projekt?
    Die war recht offen. Es wurden z.B. mögliche Orte genannt, an denen sich das Kunstwerk befinden könnte, aber es wurde nichts vorgegeben. Allerdings sollte das Kunstwerk etwas mit dem Forschungsfeld „Maritimer Sektor“ zu tun haben. Es hätte aber auch z.B. ein Bild oder eine Klanginstallation sein können.

    Sie haben sich schon häufiger mit den Themen Ozean und Meere beschäftigt. Was genau reizt sie daran?
    Das Meer ist ein klassischer Sehnsuchtsort – auch für mich. Früher galt es als lebensfeindlich, dann meinte man, es beherrschen zu können. Doch das Bewusstsein hat sich weiter verändert: Es geht jetzt mehr darum, die Natur zu bewahren.

    Wie sind Sie an das Projekt herangegangen?
    Ich arbeite viel mit Bewegung. Der Reiz hier war, Bewegung in oder an ein statisches Gebäude zu bringen. Die Bewegungen des “Ocean Apparatus” werden auf der Grundlage der von in Echtzeit übermittelten Wellenmessdaten von Bojen, die sich auf dem offenen Meer befinden, berechnet. Je nach Wetterlage scheinen die Bojen langsam treibend vor sich hin zu schweben oder wanken lebhaft, aufgestachelt vom tosenden Meer.

    Wie sind Sie auf die Idee mit den Bojen gekommen?
    Zum einen durch die Vorlage der Gebäudearchitektur. Der Forschungsneubau ist ja wie ein steinernes Schiff. Außerdem hatte ich tatsächlich früher schon mit Bojen gearbeitet, wenn auch in einem völlig anderen Zusammenhang.

    Handelt es sich um echte Bojen?
    Nein, aber sie stammen von einem Unternehmen, das echte Bojen herstellt.

    Aus welchem Material sind die Bojen?
    Aus Stahl wegen des Brandschutzes

    Wie viele Mitarbeiter haben an der Konstruktion mitgewirkt?
    Vier

    Gab es besondere Herausforderungen bei dem Projekt? Welche?
    Corona, weil sich dadurch viele Zeitpläne verschoben haben: Erst war eine Zeitlang nichts los, dann kam alles gleichzeitig. Und dann ist das Projekt ja auch sehr komplex.

    Haben Sie schon öfter Kunst-am-Bau-Projekte entwickelt? Was ist Ihnen dabei wichtig?
    Ja, seit der Pandemie. Ich finde diese Art Projekte gut, weil sie für Menschen sind, die nicht unbedingt ins Museum gehen. Ich wende mich nicht an eine Fachpublikum, sondern die Kunst ist Bestandteil des alltäglichen Lebens und gleichzeitig dauerhafter. Ich bin aber nicht darauf spezialisiert.

    Die Bewegungsmuster stammen von echten Wellen. Wo genau befinden die sich?
    Zurzeit nutzen wir Messdaten aus dem Atlantik in der Nähe der Bucht von Biskaya. Es handelt sich um öffentlich zugängliche Daten. In Zukunft möchte ich aber gern gemeinsam mit den Nutzern des Gebäudes abstimmen, welche Daten wir verwenden wollen und welcher Ozean das CML umspielen wird.

    Welche Wirkung versprechen Sie sich von Kunst am Bau im Allgemeinen und von diesem Projekt im Besonderen?
    Über Feedback freuen wir uns immer. Wir haben einen Instagramkanal und merken, dass die Öffentlichkeit reagiert. Die Installation “Ocean Apparatus” ist als Einladung an die Besucher und Mitarbeiter des Fraunhofer CML sowie die Bewohner Harburgs zu verstehen, das Meer neu und auf eine andere Art und Weise zu betrachten.

    Was haben Sie aus diesem Projekt gelernt bzw. mitgenommen für weitere Projekte?
    Interessanterweise war hier erst die Technik wichtig, erst dann das Künstlerische. Die Messdaten kommen sowohl von Haupt-, als auch von Nebenwellen, werden mathematisch zerteilt und dann vorhergesehen. Das ist alles sehr komplex. Das Künstlerische muss nicht zwingend etwas mit Technik zu tun haben – das ist eher eine Nische. In meinem Studio arbeiten aber auch Ingenieure, Mechatroniker und Architekten. Daher passt das Projekt sehr gut zu uns.

    Maritime Trainingssimulationen - Fallbeispiel Fast Rescue Boat

    Mit der voranschreitenden Technik der letzten Jahre hat die Verwendung effizienter VR- und AR-Anwendungen an Fahrt aufgenommen. VR ermöglicht die Darstellung einer virtuellen Welt anhand eines Head-Mounted-Displays (VR-Brille). Der Nutzer kann sich in dieser virtuellen Welt frei bewegen und mit ihr interagieren. Die Verwendung von VR-Trainingseinheiten bietet viele Vorteile. Der zentrale Punkt ist, dass Seeleute zeit- und ortsungebunden realitätsnah trainieren können. Damit kann auch der Trainingsaufwand an Bord reduziert werden. Der Spielcharakter der Anwendung, die „Gamification“, macht sie zudem intuitiv und steigert den Lernerfolg. Die Trainingsszenarien können nach Abschluss beliebig häufig wiederholt werden. Theoretische Grundlagen können somit vor der praktischen Umsetzung gefestigt werden. Die Personen- und Ortsunabhängigkeit erlaubt den Lernenden eine Trainingsdurchführung auch außerhalb der Ausbildungsstätte. Dafür sind lediglich ein leistungsfähiger Rechner sowie eine VR-Brille notwendig. Instruktionen werden in der Trainingseinheit durch Sprache, Text oder Bild durchgegeben. In Zeiten von Kontakteinschränkungen und in einer flexibler werdenden Arbeitswelt bietet die Verwendung von VR-Trainingseinheiten große Chancen.

    Durch die individuelle Konzeption und Einbindung von VR-Anwendungen kann das Training von Seeleuten hinsichtlich der Praxisnähe auf ein neues Level gehoben werden. 

    So hat das CML in Kooperation mit der Fraunhofer-Innovationsplattform FIP-S2@Novia in Finnland in diesem Zusammenhang eine komplette VR-Trainingseinheit entwickelt. Die „Fast Rescue Boat“-Anwendung bildet den Einsatz eines Rettungsboots in einer Simulationsumgebung ab. So wird ein virtuelles Manövertraining bspw. von nautischem Personal an Bord und von Rettungskräften ermöglicht. Der Fokus der Anwendung liegt auf Beachtung und Durchführung der unterschiedlichen Arbeitsschritte beim Einsatz des (virtuellen) Boots. Dies sind insbesondere die Vorbereitung der Trainingsausrüstung, das Ablassen des Rettungsboots, die Rettung einer POB (person-over-board) sowie das Ankoppeln des Rettungsboots an das Schiff nach Abschluss der Mission. Das Projekt wurde im Rahmen der Nor-Shipping 2022 in Oslo vorgestellt und erfuhr großes Interesse der Fachbesucher. 

    Weitere virtuelle Trainingseinheiten sind möglich und insbesondere rund um Prozesse für die Zukunft geplant, z.B. für Sicherheitsübungen an Bord.

    Strom und Kosten sparen durch intelligentes Energiemanagement

    Auch die energetischen Prozesse der europaweit größten Siloanlage wurden beim Forschungsprojekt dashPORT optimiert
    © CML
    Auch die energetischen Prozesse der europaweit größten Siloanlage wurden beim Forschungsprojekt dashPORT optimiert

    Erfolgreicher Abschluss des Forschungsprojektes dashPORT

    Nach drei Jahren ging das Forschungsprojekt dashPort (kurz für Port Energy Management Dashboard) erfolgreich zu Ende. Ziel war, mittels künstlicher Intelligenz (KI) und Internet der Dinge (IoT) Energieverbräuche und energetische Prozesse im Hafen Brake/Niedersachsen aufzuzeigen. Daraus ließen sich sinnvolle Maßnahmen zum Energiesparen ableiten und teure Lastspitzen vermeiden. Lastspitzen bezeichnen einen kurzzeitigen starken Anstieg des Energieverbrauchs. Sie sind ein wichtiger Bestandteil bei der Berechnung der Energiekosten, denn sie sind Berechnungsgrundlage der Netznutzungsentgelte von Industrieverbauchern: Netzbetreiber müssen Produktionskapazitäten für die Leistung – auch wenn sie nur kurz abgerufen wird – dauerhaft vorhalten, um das Netz zu stabilisieren. Bereits kleine Verschiebungen oder Änderungen im Hafenablauf können jedoch bewirken, dass Lastspitzen vermieden werden. dashPORT leistet somit sowohl einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Häfen als auch zur Energiekostensenkung – beides hochaktuelle Themen.

    Zunächst haben die Projektpartner Kräne, Beleuchtung, Pumpen, Schleusen, Ladestationen von Elektrofahrzeugen und Bürogebäude und andere Stromverbraucher mit über 450 intelligenten Zählern ausgestattet, die den jeweiligen Stromverbrauch digital erfassten. Die eigens entwickelten Softwarelösung dashPORT fasste alle Energiedaten zusammen und stellte sie übersichtlich auf einer digitalen Abbildung des Hafens dar.

    Doch dashPORT zeigte nicht nur den Verbrauch im gesamten Hafen auf, sondern auch aus verschiedenen zeitlichen Perspektiven. Daten in Echtzeit ermöglichen es, Störungen und außergewöhnlich hohe Verbräuche zu erkennen. Über einen längeren Zeitraum gesehen können damit Schlüsse über die Effizienz einzelner Stromverbraucher gezogen werden. Außerdem macht dashPORT Energievorhersagen, die dabei helfen, den Stromverbrauch aktiv zu steuern. So erstellt ein Algorithmus laufend Prognosen der kurzfristigen Lastverläufe und löst Handlungsempfehlungen aus: Indem Betreiber beispielsweise eine Schleusung um wenige Minuten nach hinten verschieben, können sie Lastspitzen vermeiden und Energie effizienter einsetzen.

    Hintergrund

    Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG, J. Müller AG, Fraunhofer CML und OFFIS realisierten gemeinsam das Forschungsprojekt.

    dashPORT ist ein Förderprojekt im Rahmen des Programmes Innovative Hafentechnologien (IHATEC). Es wird unterstützt aus Mitteln des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Das Projekt wurde 2021 mit dem MCN Cup des Maritimen Clusters Norddeutschland in der Kategorie „Wie lassen sich Häfen und die maritime Logistik nachhaltiger gestalten?“ ausgezeichnet.

    Autonome Prozesse unter Wasser – Herausforderungen Ortung und Positionierung

    Autonome Technologien sind aus vielen Alltagsprozessen wie bspw. der Mobilität nicht mehr wegzudenken und helfen, diese sicherer, effizienter und ressourcenschonend durchzuführen. Im EU-geförderten Forschungsprojekt SeaClear entwickelt das CML gemeinsam mit acht Partnern Lösungen für autonome Operationen unter Wasser. SeaClear ist ein System von autonomen Fahrzeugen, die aus der Luft und unter Wasser maritimen Müll identifizieren und einsammeln.

    Unter Wasser stellen die Umweltparameter hohe Anforderungen an Mensch und Ausrüstung. Große Wassertiefen, hohe Drücke, grundsätzlich schlechte Sicht und Dunkelheit nach wenigen Metern stellen Grenzen bzw. Gefährdungen für Taucher dar, weshalb in Bereichen von Forschung, Exploration und Ausbeutung seit langem ferngesteuerte Fahrzeuge eingesetzt werden. Die Trübheit des Wassers, Ablenkung oder Abschwächung von Signalen und die Aggressivität des (Salz-)Wassers erfordern neue Ansätze.

    Für die Operationen wird viel Elektronik und IT eingesetzt. Kamerasysteme und weitere Sensoren nehmen Umgebungsdaten auf, IT-Systeme verarbeiten diese und entwickeln passende Reaktionen für dynamische Situationen. Im Projekt SeaClear stellt das CML das reibungslose Zusammenspiel von Hard- und Software sicher. Ebenfalls entwickelt das CML den Sammelkorb für den Meeresmüll und die besonderen Schnittstellen für den Müllgreifer, der gesammelte Abfälle zuverlässig in den Korb einbringen soll. Hierfür ist einiges an Intelligenz nötig, damit der Greifer den Korb sicher ansteuern kann. Drucksensoren und Unterwasser-GPS ermöglichen die dreidimensionale Lokalisierung auf einige Meter. Der Einsatz weiterer elektronischer Filter und Messsysteme grenzt diesen Radius auf einen Meter ein. Und um den Müllgreifer dann tatsächlich anzudocken, werden sowohl optische Tools wie Licht und Marker als auch eine mechanische Leitschiene eingesetzt.

    Erfolgreiche Tests im Hamburger Hafen haben im Mai die Funktionalität der Entwicklungen bestätigt.  Das CML treibt die Automatisierung von Prozessen nun also auch unter Wasser erfolgreich voran.

    Der Quantensprung für die maritime Wirtschaft

    Der Einsatz und die Möglichkeiten des Quantencomputing sind seit Jahrzehnten Thema in der Forschung. Doch derzeit erleben wir eine besonders spannende Phase, denn die praktische Anwendung bahnt sich ihren Weg und rückt Schritt für Schritt näher. Vielfältige Potenziale werden dabei gleichzeitig geschaffen und genutzt. Durch Quantencomputer können Prozesse in völlig neuem Umfang optimiert und bislang unerreichbare Lösungen gefunden werden. 

    Die modernen Quantencomputer sind nicht an die Algorithmen herkömmlicher Computer gebunden und daher echte Game-Changer. Die Industrie profitiert von großer Effizienz und Flexibilität, denn Quantencomputer können mehrere Lösungsmöglichkeiten gleichzeitig in Betracht ziehen. Sie benötigen dabei weniger Rechenschritte als gewöhnliche Computer, die angesichts zu vieler Optionen oftmals vor Suchproblemen stehen. Quantencomputer sind somit das entscheidende Tool für mathematische Optimierungen, mit denen Systeme der maritimen Wirtschaft weiterentwickelt und gänzlich neu erfunden werden können. 

    Das Fraunhofer Kompetenznetzwerk Quantencomputing

    Zur Förderung der anwendungsorientierten Forschung rief die Fraunhofer-Gesellschaft 2021 das zentrale Kompetenznetzwerk Quantencomputing ins Leben. Mit dem Quantencomputer IBM Q System One hat die Fraunhofer-Gesellschaft seitdem Zugriff auf die leistungsstarke Hardware. Sie ist zugleich das Herzstück des Fraunhofer-Kompetenznetzwerks für Quantencomputing. 

    Aufgeteilt in acht Kompetenzzentren mit jeweils eigenen Schwerpunkten gewährleistet das Netzwerk eine enge Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden aus Forschung und Industrie, auch auf regionaler Ebene. So bildet es eine Anlaufstelle für Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die den Einsatz von Quantencomputern vorantreiben wollen. Das gilt sowohl für Erstanwender als auch für Experten, die sich mit der Entwicklung neuer Algorithmen befassen. Kunden der Fraunhofer-Institute können sich hier mit den industriellen Einsatzmöglichkeiten des Themas vertraut machen. Das Kompetenznetzwerk bietet neben einem Schulungs- und Beratungsangebot für den Einsatz von Quantencomputern auch eine Forschungsinfrastruktur für wirtschaftlich relevante Anwendungen und anspruchsvolle Anforderungen, auf die der Quantencomputer ausgerichtet ist. Teilnehmende Unternehmen und Forschungseinrichtungen erhalten so einen Wettbewerbsvorteil in der Wirtschafts- und Innovationslandschaft. 

    Quantencomputing für den Maritimen Sektor - Roadmap zur praktischen Umsetzung

    Das Fraunhofer CML vereint Wissen und Erfahrung in der maritimen Logistik, der mathematischen Optimierung und dem Quantencomputing und ist damit der ideale Kandidat, um Unternehmen bei der Einführung dieser neuen Technologie zu unterstützen. Im Forschungsfeld „Schiffs- und Flottenmanagement“ bündelt das Fraunhofer CML seine Expertise. Um Kunden bei entsprechenden Projekten zu begleiten, hat das CML eine Roadmap für Projekte des Quantencomputing zur Anwendung in der maritimen Industrie entwickelt. Die Roadmap bietet eine Grundstruktur, um effizient an einzelne Fragestellungen heranzugehen. In einem ersten Schritt werden Herausforderungen mit Optimierungspotenzial identifiziert, für die im Folgenden ein mathematisches Modell aufgestellt und entwickelt wird. Die Konzeption dieses Modells ist sehr komplex. Um Planungen in der realen Welt in entsprechende Lösungsmöglichkeiten des Quantencomputers zu übersetzen, wird ein Frontend bereitgestellt. Die Experten am CML wählen zudem eine Rechenplattform aus, die in ihrer Funktionsweise adäquat zu den Anforderungen der anstehenden Aufgabe passt. So kann ein individueller Lösungsansatz für die jeweiligen Aufgaben und Projekte generiert werden. Durch unsere Auswahl an Brückentechnologien treibt das CML die Entwicklung des Anwendungsfalls aktiv voran und erarbeitet dabei gleichzeitig spezielle Quantenalgorithmen. Mit dieser Unterstützung können maritime Unternehmen die Lücke zwischen der Entwicklung auf der einen, und der operativen Einführung von Spitzentechnologien auf der anderen Seite schließen. 

    Durch die Flexibilität in der Plattformauswahl am Fraunhofer CML können Dienstleistungen und Lösungen entsprechend den Bedürfnissen von Industriekunden entwickelt werden, um moderne Optimierungsprojekte, wie die Automatisierung logistischer Planungsaufgaben, zu lösen.  Ob Netzwerkoptimierung, Stauplanung oder Einsatz- & Ressourcenplanung – mathematische Optimierungen werden am Fraunhofer CML durch den Einsatz von Quantencomputing nicht nur zukunftsfähig gemacht, sondern auf ein ganz neues Level gehoben. Lesen Sie mehr zum Thema in unserer neuen Broschüre, die Sie auf der Webseite www.cml.fraunhofer.de finden. Oder nehmen Sie direkt Kontakt auf mit Ihrer Ansprechpartnerin am CML, Frau Dr.-Ing. Anisa Rizvanolli (anisa.rizvanolli@cml.fraunhofer.de).

     

    NEWSLETTER 1.22

    © Heidi Pelander

    Der Einsatz von Augmented Reality (AR), also die Ergänzung realer Abbildungen um computergenerierte Informationen, hat sich bereits in verschiedenen Bereichen durchgesetzt. Im Schiffsbetrieb an Bord sind AR-Anwendungen jedoch bislang selten. Dabei tut sich gerade hier ein interessantes Feld auf. Denn angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Schifffahrt steigt die Datenverfügbarkeit zur aktuellen nautischen Situation oder zu Details des Schiffsbetriebszustandes kontinuierlich an. Gleichzeitig nimmt die Besatzungsstärke auf vielen Schiffen ab. Ein sicherer Betrieb muss zwingend gewährleistet bleiben.

    In diesem Spannungsfeld forschen Mitarbeitende des Fraunhofer CML bereits seit einigen Jahren. Damit die Vielzahl an verfügbaren Informationen an Bord für unterschiedliche Nutzende gezielt aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden kann, muss einiges an Vorarbeit geleistet werden: Neben der Analyse der für einzelne Manöver benötigten anwenderspezifischen Informationen, spielen die auf den Schiffen zur Verfügung stehenden Daten eine entscheidende Rolle. Und nicht zuletzt muss die Darstellung der Daten für alle individuellen Nutzenden vollständig, aber dennoch einfach umsetzbar sein: Daten zu Schiffsposition und -bewegung, relevante Umweltdaten sowie nautische Informationen zu Ansteuerung und vorgegebenem Liegeplatz, ergänzt um die aktuelle maritime Verkehrssituation, ermöglichen einem Lotsen die Steuerung auch von Land aus. Kamerasysteme und weitere optische Überwachungssensoren können wichtige Informationen von den Manöverstationen an die Brücke geben, um dem Wachhabenden einen umfangreicheren Überblick zu verschaffen, als es bisher möglich ist. Damit bietet der Einsatz von AR bspw. für die Schiffssteuerung und das Lotswesen die Möglichkeit, Effizienz und Sicherheit ein weiteres Stück zu verbessern. 

    Neueste Erkenntnisse zum Einsatz von AR im maritimen Bereich sind im englischsprachigen White Paper „Increasing Maritime Situational Awareness by Augmented Reality Solutions“ des Fraunhofer CML zusammengefasst. Die Broschüre wird zum freien Download auf unserer Webseite zur Verfügung gestellt.

    Resilienz für globale Containertransporte - Einsatz von KI bietet Lösungen

    Die Entwicklungen der letzten Jahre und Wochen zeigen, dass die Resilienz unserer Transportketten zunehmen muss, um die Versorgung der Volkswirtschaften und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sicherzustellen. Flexibilität, auf neue Herausforderungen zu reagieren, und Kreativität für neue, wirkungsvolle Lösungen sind wichtige Schritte auf diesem Weg. Für die besonders beeinträchtigte Containerverfügbarkeit gibt es erste Ideen: So bieten einige Transportunternehmen Priority-Services an, nutzen ältere Container länger oder versuchen durch kürzere Entladungszeiten die Zeit bis zur nächsten Nutzung eines Containers zu reduzieren. Kundenseitig können frühzeitige und detaillierte Buchungen dabei helfen, eine rechtzeitige Zustellung des Containers zu ermöglichen. Dennoch ist aktuell vor allem eines gefragt: ein hohes Maß an Flexibilität von allen Teilnehmenden der maritimen Lieferkette. Dabei unterstützen kann der Einsatz datengetriebener Methoden und Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI), wie im gerade abgeschlossenen Projekt C-TIMING vom Fraunhofer CML und dem Logistikmarktplatz Container XChange entwickelt. Algorithmen analysieren umfangreiche Datenmengen und bringen Erkenntnisse über die aktuelle Situation und die komplexen Zusammenhänge entlang der Lieferketten. Zusätzlich können KI-Anwendungen bestmögliche Entscheidungen sowie Prognosen über künftige Entwicklungen bestimmen. In sogenannten Smart Services stehen die Informationen  für die Nutzer zur Verfügung. Dazu gehört bspw. die Berechnungslogik für einen Container Availability Index, der die regionale und überregionale Verfügbarkeit von Leercontainern aus Millionen von Containerreisen ermittelt. 

    C-TIMING wurde vom BMBF gefördert. 

    Von der Natur lernen: Produktoptimierung durch bionisches Knowhow

    Es ist schon faszinierend, was die Natur alles „erfunden“ hat: Im Laufe von Jahrmillionen hat sie sich den Bedingungen der Umgebung kontinuierlich angepasst und sowohl Tieren als auch Pflanzen die passenden Werkzeuge gegeben, um ihnen bestmögliche Voraussetzungen zum Überleben zu gewähren. Dieses Prinzip lässt sich auch auf technologische Fragestellungen anwenden. 

    Wie würde die Natur das Problem lösen? 

    Wir können von der Natur lernen und ihre Prinzipien, Materialien und Systeme kopieren, um diese in der Produktentwicklung anzuwenden. Die Fraunhofer-Gesellschaft nutzt diese Form der biologischen Transformation innerhalb ihrer Forschungsprojekte und profitiert von dem bionischen Knowhow, das sie sich über die Jahre angeeignet hat: Wir entwickeln innovative, bio-inspirierte Lösungen für wirtschaftliche und technische Fragestellungen. 

    Beispiele für bionische Ansätze des CML 

    Das neueste Beispiel dieser Art ist das vom BMBF geförderte Projekt AIRTUBE: Ein von uns koordiniertes Vorhaben, bei dem es darum geht, Reibungsverluste in Rohrleitungen zu minimieren, wodurch sich auch der Energieverbrauch reduziert. AIRTUBE ist aus dem EU-geförderten Projekt AIRCOAT hervorgegangen, bei dem die Eigenschaften des tropischen Schwimmfarns Salvinia in die Entwicklung einer künstlichen Folie einflossen: Die Folie, aufgebracht auf einen Schiffsrumpf, bildet bei Kontakt mit Wasser eine dünne Luftschicht. Dieser Effekt verringert die Reibung zwischen Rumpf und Wasser, wodurch der Energiebedarf für den Vortrieb reduziert wird. So werden Treibstoffverbrauch und damit Schadstoffemissionen herabgesetzt. Durch die Luftschicht um den Rumpf wird die Ausbreitung von Schall gedämpft und damit Lärmemissionen verringert.

    Überträgt man diese Erkenntnisse auf Wasserrohrleitungen, könnte eine lufthaltende Innenbeschichtung der Rohre zu einer Widerstandsreduzierung und somit einer höheren Effizienz beim Flüssigkeitstransport führen. Das Vorbild der Natur, der Salvinia-Effekt, mündet also in die bionische Beschichtung von Oberflächen mit einer permanenten Luftschicht unter Wasser. Diese Technologie eröffnet weitere Anwendungsfelder, der Sektor Rohrinnenbeschichtungen bietet großes Potential. Ziel des Projektes AIRTUBE ist es, einen geeigneten Demonstrator zu entwickeln, der die technische Machbarkeit aufzeigt. Dafür arbeitet das Fraunhofer CML mit dem Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) und der Hochschule Bremen (HSB) zusammen, begleitet von Partnern aus der Industrie. 

    Ein weiteres Beispiel für die innovativen Lösungen aus der Natur, die die Bionik bereithält, ist das Projekt BIOINSPACED. Aus 130 biologischen Konzepten wurden hierbei 10 Gesamtkonzepte entwickelt, die neuartige Ansätze zur Beseitigung von Weltraumschrott vorstellen. Ein geeignetes Subsystem wurde in Form eines Demonstrators realisiert. Was buchstäblich abgehoben klingt, hat einen guten Grund: Unkooperative Objekte in erdnahen oder auch geostationären Umlaufbahnen wie alte Raketenstufen oder defekte Satelliten stellen ein großes Risiko für bemannte wie unbemannte Raumfahrt dar. Kollisionen können zum exponentiellen Anstieg von Müll auf wichtigen Orbits führen und diese somit unbenutzbar machen - kurzzeitig oder dauerhaft. Das CML hat im Rahmen von BIOINSPACED biologische Konzepte identifiziert, bewertet und zu ganzheitlichen Lösungsansätzen kombiniert, um so einen Beitrag zur Bekämpfung von Weltraumschrott zu leisten und die Bionik im Weltraumsektor weiter voranzutreiben. Das von der ESA beauftragte Projekt wurde im Februar 2022 abgeschlossen. 

    Wissenstransfer für Unternehmen 

    Das Fraunhofer CML stellt sein durch diese spannenden Aufgaben erworbenes Wissen auf dem Gebiet der biologischen Transformation auch anderen Unternehmen zur Verfügung. Wir prüfen, inwieweit traditionelle Konstruktions- und Fertigungsmethoden oder auch Design- und Herstellungsweisen sich bio-intelligent umwandeln lassen – und so den gängigen Umweltgesetzgebungen entsprechen und zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Dafür bieten wir kundenspezifische Workshops an, um für Unternehmen strukturiert zu analysieren, welche bionischen Lösungen für Industrieprodukte denkbar und sinnvoll sind. Nehmen Sie für nähere Informationen zu unserem Bionik-Workshop Kontakt mit unserem Teamleiter Johannes Oeffner unter johannes.oeffner@cml.fraunhofer.de auf.

    Digitale Zwillinge in der maritimen Logistik

    © Fraunhofer CML
    Der digitale Zwilling als virtuelle Abbildung eines realen Objekts.

    Die zunehmend fortschreitende Digitalisierung in der maritimen Branche führt zu ganzheitlichen Veränderungen von Unternehmensstrukturen und -prozessen. Für erfolgreiche Unternehmenstransformationen sind innovative Ideen notwendig, um auf die veränderten Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren. Ein entsprechender Ansatz ist in diesem Zusammenhang das Konzept der übergreifenden Vernetzung in Form des Digitalen Zwillings.

     

    Der Begriff des Digitalen Zwillings wird sowohl in der Praxis als auch in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich verwendet. Der Kerngedanke ist jedoch, dass ein virtuelles Abbild eines realen Objekts erstellt wird, um mit Hilfe dieses Ebenbildes Verbesserungspotenziale abzuleiten und zu erschließen. Hervorzuheben ist, dass ein Digitaler Zwilling weit über ein rein digitales Modell, zum Beispiel eines Produktes, hinausgeht. Ein maritimer Digitale Zwilling kann beispielsweise eine Synthese aus digitalisierten Teilsystemen in Verbindung mit realen Flotten- und Betriebsdaten sein. Damit bildet er das Schlüsselkonzept zur Ausschöpfung des Gesamtpotenzials der Digitalisierung.

     

    Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt das Fraunhofer CML bereits heute zukunftsweisende Konzepte zur Implementierung des Digitalen Zwillings in der Praxis, beispielsweise im Projekt MARIA. Ziel ist es, unternehmerische Planungs- und Entscheidungsprozesse zu optimieren und die Kommunikation entlang aller Lebenszyklusphasen eines Produkts zu verbessern. Auf diese Weise kann u.a. ein wichtiger Beitrag zur Effizienzsteigerung von Schiffsflotten und der damit verbundenen Reduktion schädlicher Emissionen geleistet werden.

     

    Im Rahmen der Realisierung entsprechender Lösungen setzt das Fraunhofer CML interdisziplinäre Teams mit umfassender Expertise in den Bereichen Digitalisierung & IT, Prozessmanagement und Logistik sowie Schiffbau ein.

    NEWSLETTER 4.21

    © Heidi Pelander

    After Sales Services in der maritimen Branche: Digitale Konzepte ermöglichen Optimierung

    © MARIA
    MARIA Projektlogo

    Wartungs- und Reparaturprozesse auf Handelsschiffen unterliegen besonderen Herausforderungen. Ein Schiff ist ein komplexes System, für das aufgrund der hohen Anzahl unterschiedlicher Komponenten  für Antrieb und Betrieb bislang kein digitales Abbild existiert: Die Prognose eines Systemausfalls fällt schwer. Der Ort, an dem eine Reparatur oder eine Wartung vorgenommen werden kann, ist nicht immer sicher vorhersagbar. Und die benötigten Servicetechniker sowie Teile und Materialien sind oft nicht zuverlässig dort vorhanden, wo sie eingesetzt werden sollen. Gerade die letzten beiden Punkte kennzeichnen die maritime Branche gegenüber anderen Industrien insbesondere. Umso mehr wäre die genaue Vorhersage von Materialverschleiß und Systemausfall hilfreich, um ungeplante Hafen- und Werftaufenthalte zu vermeiden. 

    Diesen Herausforderungen nimmt sich das Forschungsprojekt MARIA an. Zum einen wird eine maritime Serviceplattform zur Realisierung digitaler Dienstleistungen konzipiert. Darüber hinaus werden AR-basierte Assistenzsysteme für die Crew entwickelt sowie Prognosemodule, die relevante (Sensor-)daten überwachen, auswerten und hinsichtlich der Ausfallwahrscheinlichkeiten der Komponenten analysieren. 

    Dazu werden am CML verschiedene Analysemethoden eingesetzt, wie Data Mining, Machine Learning und KI, die bestimmte Muster in diesen Daten wiedererkennen und damit erwartbare Ausfälle frühzeitig vorhersagen. Datenverfügbarkeit und -übertragung stellen eine weitere wichtige Voraussetzung hierfür dar, die im Projektverlauf zu bewältigen ist. Damit die gewonnenen Ergebnisse in Servicekonzepte der Zulieferer übertragen werden können, werden in dem Projekt zusätzlich Lösungen für innovative Serviceplanung und -steuerung entwickelt. In Abhängigkeit vom aktuellen Systemzustand lösen diese spezifische Meldungen an den Hersteller aus. Die Kombination dieser Lösungen verspricht, das Servicelevel im After Sales Service zum Vorteil von Zulieferindustrie und Kunden auf ein neues Niveau zu heben.

    MARIA wird über eine Laufzeit von zweieinhalb Jahren vom BMBF gefördert. Neben dem Fraunhofer CML sind acht weitere Partner an dem Projekt beteiligt.

     

    Simulation und Automatisierung der Seeschifffahrt – Ausbau von Kompetenzen in Finnland

    Die Entwicklung von Assistenzsystemen für die Seeschifffahrt stellt am CML seit vielen Jahren einen wichtigen Forschungsschwerpunkt dar. Ein Konzept für ein autonom fahrendes Handelsschiff bildete den Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Reihe von Technologien, die seither weiterentwickelt und mit den Schiffssimulatoren des CML abgebildet und getestet werden. Beispiele für die neuen Lösungen sind eine Landkontrollstation, die eine umfassende Überwachung einer Schiffsflotte von Land aus ermöglicht, und ein autonomes Navigationssystem, das potenziell gefährliche Situationen frühzeitig erkennt und im Bedarfsfall regelgerechte Reaktionen vorschlägt. Um weitere Dimensionen maritimer Simulationen zu erschließen, entwickelten die Forschenden am CML das Europäische Maritime Simulatornetzwerk EMSN. Weltweit können so aktuell 37 Schiffsbrücken an 13 Standorten verbunden werden, um virtuell gemeinsame Manöver zu fahren, kritische Situationen abzubilden oder neuartige Kommunikationslösungen zu erproben. Die Zusammenarbeit mit Novia, der Universität im finnischen Turku, hat nun zur Gründung der ersten Fraunhofer-Innovationsplattform in Finnland, „Fraunhofer Innovation Platform for Smart Shipping at Novia University of Applied Sciences“, kurz FIP-S2@Novia geführt. Die umfangreichen Simulations-Infrastrukturen und das gebündelte Know-how werden zunächst in einer Spiegelung des EMSN umgesetzt, damit große virtuelle Manöver auch aus Finnland initiiert und durchgeführt werden können. 

    Einen neuen Schritt in Richtung virtueller Integration stellt FIP-S2@Novia auf der Nor-Shipping 2022 in Oslo vor: ein weiterer Player wird in einer Simulation über eine VR-Brille integriert, die zur Steuerung von SAR-Einsätzen eines schnellen Rettungsboots („Fast Rescue Boat“) eingesetzt wird.

    Emissionen in der Schifffahrt: Daten erleichtern die Kontrolle

    © Fraunhofer CML
    Die am CML entwickelte MESU-Box (Mobile Environmental Sensor Unit) im Bordeinsatz.

    Laut der International Maritime Organization (IMO) gehen 2,9 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen weltweit auf das Konto der Schifffahrt. Regularien der IMO und der Europäischen Union erhöhen seit Jahren den Handlungsdruck für die maritime Wirtschaft. So gilt seit 2020 eine globale Höchstgrenze für den Schwefelanteil in Schiffsabgasen von 0,5 Prozent. Große Schiffe, die europäische Häfen ansteuern, müssen ihre CO2-Emissionen überwachen und darüber Bericht erstatten. Das erfordert neue Systeme zur Messung und Überwachung von Emissionen an Bord.

    Im Rahmen des Projekts SCIPPER (Akronym für „Shipping Contributions to Inland Pollution Push for the Enforcement of Regulation“), wurde ein flexibles Messsystem zur Überwachung der Umgebungsluft entwickelt. Die am CML entwickelte kompakte Sensoreinheit Mobile Environmental Sensor Unit (MESU) ermöglicht den Rückschluss auf Schiffsemissionen durch die Messung von Immissionen, indem elektrochemische Sensoren ausgewählte Parameter messen. Mit einer maximalen Leistungsaufnahme von 30 W ist die MESU mobil einsetzbar und speichert sämtliche Messdaten lokal, versehen mit einem Zeitstempel. Ein kontinuierlich aufgezeichnetes GPS-Signal liefert zusätzlich Ortsinformationen. Alle Informationen der Sensoreinheit sind sowohl direkt als auch zur späteren Auswertung in einem Web-Portal übersichtlich ablesbar und einfach auszuwerten.

    Die MESU verfügt in ihrer aktuellen Konfiguration über Sensoren für NO, NO2, SO2 und CO2, und ist neben Schiffen auch beispielsweise in Häfen oder an stark befahrenen Straßen einsetzbar.

    Gerade die zuverlässige Messung von Emissionen entpuppte sich bei der seit 2018 geltenden EU-Meldepflicht des CO2-Ausstoßes von Schiffen bei Reisen von, nach und innerhalb der europäischen Gewässer für Reeder als echte Herausforderung. Im weltweiten Schiffsverkehr, mit häufigen witterungsbedingten Routenänderungen, sind zuverlässige Emissions-Hochrechnungen nicht durchführbar. Ein Instrument für die zuverlässige Emissionsprognose und -schätzung fehlte, und wurde zum Ziel des Projektes EmissionSEA. Der Software-Prototyp zur Berechnung des CO2-Ausstoßes soll Schifffahrtsunternehmen bei der Erfüllung ihrer Meldepflicht unterstützen und ihnen zugleich das enorme Sparpotenzial an Treibstoff und CO2-Austoß bereits bei geringen Geschwindigkeitsreduktionen aufzeigen. 

    Die Datengrundlage ist umfassend. Das Fraunhofer CML setzte seine Kompetenzen in Wea-ther Routing und Big Data Analysis ein, um mehr als 500.000.000 tägliche AIS-Datensätze zu verarbeiten. Aus dem automatischen Identifizierungssystem (AIS) wurden Bewegungsinformationen in Beziehung zu Schiffsgröße, Geschwindigkeit und meteorologischen und ozeanografischen Umweltbedingungen gesetzt. Aus diesen Daten sowie Informationen des Wetterdienstes, der Geschwindigkeit und weiteren äußeren Einflüssen, sollen der Treibstoffverbrauch und schließlich die Emissionen stundengenau bestimmt werden.

    Die Ergebnisse aus EmissionSEA dienen als Referenzgröße für die Berechnungen der Schifffahrtsunternehmen. In dem Software-Prototyp können Anwender einen vergleichbaren Schiffstyp  auswählen und dessen CO2-Ausstoß berechnen. Die nutzerfreundliche Anwendung und smarte Software unterstützt die Reeder dabei, ihrer Nachweispflicht über Emissionen nachzukommen. Die einfache Berechnung des Treibstoffverbrauchs für Reisen von und nach Europa bietet dabei auch Anreize zur Vermeidung von Emissionen.

    Der Druck, Emissionen im Seeverkehr einzudämmen, ist hoch. Neue Technologien und Anwendungen zur Datenerhebung und -messung bieten mehr Kontrolle und zeigen der maritimen Wirtschaft Handlungsspielräume auf. 

    SeaClear: Erfolgreiche Tests eines neuartigen Robotersystems zur Müllbeseitigung von Meeresböden

    Ein Robotersystem, das den Meeresboden von Abfällen befreien soll, hat seine ersten Praxistests in den Gewässern vor Dubrovnik, Kroatien, bestanden. Das Reinigungssystem, das ähnlich wie ein Staubsaugerroboter funktioniert, war in der Lage, Abfälle auf dem Meeresboden zu erkennen und sich auf sie zuzubewegen. Eine Plastikflasche war der erste offizielle Abfall, der vom Meeresboden aufgesammelt wurde. Diese Testreihe ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zur kostengünstigen Reinigung des Meeresbodens, auf dem sich mehr als 90 % des Meeresmülls befindet. "Beharrlichkeit ist die Kraft der Flüsse, die sich durch die härtesten Umgebungen schlängeln. Genauso beharrlich bauen wir das SeaClear-System auf, egal wie hart die Zeiten gerade sind", sagt Cosmin Delea, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML).

    Das Müllbeseitigungssystem besteht aus Unterwasserrobotern, einem Überwasserschiff und Drohnen, die zusammenarbeiten. Zunächst nutzen die Unterwasserroboter und die Drohnen Sensordaten und künstliche Intelligenz, um Abfälle auf dem Meeresboden zu lokalisieren und zu identifizieren. Wenn Abfall entdeckt wird, wird ein mit einem Greifer ausgestatteter Unterwasserroboter losgeschickt, um den Abfall einzusammeln. Das System wurde in den letzten zwei Jahren im Rahmen des von der EU finanzierten Projekts SeaClear (SEarch, identificAtion and Collection of marine Litter with Autonomous Robots) entwickelt, an dem Forscher und Industrievertreter aus fünf Ländern beteiligt sind. 

    Weitere Informationen über SeaClear finden Sie hier, oder Sie können die offizielle Pressemitteilung lesen. 

    Neue Studie zu Flottenmanagementsystemen FMS veröffentlicht

    Das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML hat seine 2011 erstmals veröffentlichte Studie zum Flottenmanagement neu aufgelegt: Die Broschüre "Flottenmanagementsysteme 2021" liegt nun in einer komplett überarbeiteten und aktualisierten Fassung vor. Die strukturierte Darstellung einer Vielzahl von Flottenmanagementsystemen bietet den Unternehmen der Branche die Möglichkeit, sich über das von großer Heterogenität geprägte Angebot auf dem Markt zu informieren und hilft den Verantwortlichen bei der Auswahlentscheidung. Seit ihrer ersten Veröffentlichung ist die Studie auf eine sehr positive Resonanz und hohe Nachfrage gestoßen: "Das CML hat diese Marktstudie durchgeführt, um Reedereien einen Einblick und eine Orientierung über die am Markt verfügbaren Lösungen sowie über allgemeine Marktentwicklungen zu geben. Aus diesem Grund ist der Corona-Pandemie in dieser Ausgabe unserer Studie ein eigener Abschnitt gewidmet", so Prof. Carlos Jahn, Leiter des Fraunhofer CML. "Um all diesen Herausforderungen adäquat begegnen zu können, ist der Einsatz eines effizienten und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittenen Schiffs- und Flottenmanagementsystems wichtiger denn je. Wie schon in den vergangenen Jahren wächst das Angebot an Lösungen auf dem Markt für Flottenmanagementsysteme weiter an, so dass Interessenten eine Vielzahl von Anbietern sowie Produkten und Dienstleistungen zur Auswahl haben." Flottenmanagementsysteme Die Schifffahrtsbranche steht vor immer größeren Herausforderungen. Neben der zunehmenden Komplexität der Informationsverarbeitung und den wachsenden Flottengrößen stellen auch die zunehmenden Vorschriften höhere Anforderungen an das Management.

     

    Effektive Flottenmanagement-Software wird daher immer wichtiger. Mit der aktualisierten und überarbeiteten Marktstudie zu Flottenmanagementsystemen gibt Fraunhofer CML einen Überblick über die aktuell angebotene Flottenmanagementsoftware sowie spezielle Module von knapp 30 Anbietern. Im Fokus stehen dabei Produkte, die Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen - zum Beispiel Instandhaltungsmanagement, Safety/ Quality/ Risk & Compliance und Performance Management. In der mittlerweile sechsten Auflage greifen die Autoren auf einen umfangreichen Wissensschatz zurück. Auf insgesamt rund 100 Seiten stellt die Studie zunächst die wichtigsten Elemente und Innovationen von Flottenmanagementsystemen vor, gefolgt von einer Beschreibung der Marktentwicklung der letzten Jahre. Die verschiedenen Anbieter und detaillierte Beschreibungen ihrer Lösungen bilden den Kern der Studie.

    Klicken Sie hier, wenn Sie mehr Informationen zur FMS erfahren möchten oder hier, wenn Sie die FMS direkt über den offiziellen Fraunhofer Bookshop käuflich erwerben möchten. 

    Wie sieht die Logistikwelt übermorgen aus? - Gastbeitrag von Prof. Carlos Jahn im HHLA-Magazin

    Prof. Carlos Jahn analysiert, was die globalen Lieferketten verändert. Nicht unbedingt große Erfindungen, sondern verschiedene technologische Trends werden zu mehr Synchronizität, zu intelligenteren Entscheidungen und umweltfreundlicheren Transporten führen.

    Die aktuellen Störungen der globalen Lieferketten werfen Fragen auf, wie die Logistik der Zukunft resilienter, kooperativer, effizienter und auch umweltfreundlicher werden könnte. Wird Schiffsdiesel durch Ammoniak ersetzt? Sollte man Ersatzteile besser vor Ort mit 3D-Druckern herstellen, anstatt sie um die halbe Welt zu transportieren? Welche Aufgaben wird uns die Künstliche Intelligenz abnehmen? Diese und ähnliche Zukunftsthemen behandelt der HHLA Talk mit Professor Dr. Carlos Jahn. Er leitet das Institut für Maritime Logistik der Technischen Universität Hamburg und ist in Personalunion Leiter des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen in Hamburg-Harburg.

    Im Moment sind Schifffahrt, Hafen und Logistik - man könnte fast sagen leider - ein ganz großes Thema in den Medien. Wir erleben in bisher unbekannter Intensität eine umfassende Störung globaler Lieferketten. Hat die Corona-Pandemie da einen schwarzen Schwan aufgeschreckt oder stecken dahinter vielleicht auch systemische oder strukturelle Probleme der globalisierten Logistik? 

    Ja, das ist eine interessante Frage. Ich denke nicht, dass das ein systematischer Fehler oder systematische Schwächen der globalen Logistikketten ist. Grundsätzlich muss man sagen, dass gerade die maritime Logistik ein hoch effizientes Ineinandergreifendes System ist, was günstige, aber auch sehr umweltfreundliche und zuverlässige Transporte bietet. Und dass jetzt die Corona-Krise mit geschlossenen Produktionswerken und geschlossenen Häfen zu kleineren Störungen führt, zeigt eigentlich, dass das System sehr effizient ist und nicht Ressourcen verschwendet. Es wäre andersherum erstaunlich, wenn trotz dieser Einbrüche in Produktion und Umschlag alles laufen würde wie bisher. Das würde eher heißen, dass das System zu mächtig ausgelegt ist - und das ist nicht der Fall. Kooperation ist in der maritimen Logistik die Basis. Seit Jahrhunderten arbeiten Reeder, Häfen, Logistik, Dienstleister zusammen, sonst würden die Ketten gar nicht so effizient funktionieren. Nur diese Facette, Daten zu teilen, das ist etwas Neues. Und hier könnte noch mehr Kooperationswillen helfen. 

    Ohne Kooperation würden die Logistikketten ja auch zusammenbrechen. Und man sieht jetzt auch, dass selbst in Situationen wie derzeit, die schwierig sind, dass dort mit Improvisation und guter Zusammenarbeit die meisten Probleme gelöst werden. Vielleicht können wir mal auf das Gebiet der technischen Innovationen gehen. Es könnte doch auch Innovationen geben, mit deren Hilfe manche komplizierte Lieferkette vereinfacht wird. Ich denke da zum Beispiel bei der schnellen Lieferung wichtiger Ersatzteile an 3D-Drucker. Sehen Sie vielleicht solche Effekte, dass durch Innovationen wie den 3D-Druck Lieferketten an bestimmten Punkten entschärft werden können? 

    Also 3D-Druck ist ohne Zweifel eine fantastische Technologie. Und wenn man sieht, dass nicht nur Plastik gedruckt werden kann oder Kunststoffe, sondern mittlerweile metallische Teile hergestellt werden können, die in ihren physikalischen Eigenschaften herkömmlichen gleichwertig oder sogar höherwertiger sind, wenn wir in den Leichtbau schauen, was dort möglich ist. Ich denke, dass sich die Lieferketten dadurch allerdings nur in Nischen ändern können. Das Thema Ersatzteile wird häufig angeführt. Es ist ja auch faszinierend zu sagen: Ich kann Ersatzteile vor Ort herstellen. Die Herausforderung ist natürlich, das großflächig umzusetzen. Zum Einen sind die Stückkosten sehr hoch, die beim 3D-Druck anfallen. Das heißt, die Teile werden sehr viel teurer, als es in der industriellen Massenproduktion hergestellte Teile sind. Natürlich ist da noch die Frage der Gewährleistung für die technischen Teile, die ich vielleicht irgendwo auf der Welt drucken kann. Wer übernimmt die Verantwortung, wenn die Teile sicherheitsrelevant sind? Ich denke, es ist noch ein weiter Weg, dort Ketten aufzubauen, die ein dezentrales Drucken überall auf der Welt ermöglichen in dem Umfang, dass Lieferketten massiv betroffen sind.

    Hören oder lesen Sie den vollständigen Talk auf der Internetseite der HHLA. 

    NEWSLETTER 2.21

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    Biologische Transformation - Für die nachhaltige Wertschöpfung

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    Die Biologie hat im Laufe der Evolution eine Vielzahl an Lösungen für unterschiedlichste Herausforderungen von natürlichen Lebensumfeldern geschaffen. Damit dient sie als Vorbild: Die Fraunhofer-Gesellschaft strebt mit der „Biologischen  Transformation“ die zunehmende Anwendung von Materialien, Strukturen und Prinzipien der belebten Natur in der Technik mit dem Ziel einer nachhaltigen Wertschöpfung an.

    In unserem EU-geförderten Projekt AIRCOAT beispielsweise geht es um die Entwicklung einer neuartigen Rumpfbeschichtung von Schiffen, für die die Biologie ein Vorbild ist. Die besonderen Eigenschaften des tropischen Schwimmfarns Salvinia kommen in dem Projekt zum Tragen. Eine mit ihren Eigenschaften nachgebildete Folie wird am Schiffsrumpf angebracht und bildet beim Kontakt mit Wasser eine dünne Luftschicht. Dieser Luftschmiereffekt verringert die Reibung zwischen Rumpf und Wasser und reduziert so Schadstoff- und Lärmemissionen. Zudem werden Biofoulingprozesse vermindert und die Freisetzung von Biozid-Substanzen vermieden. Die im Projekt AIRCOAT entwickelte Technologie ist ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von Bionik in der Industrie und birgt neue Möglichkeiten für den Schiffsbeschichtungssektor.

    Ein anderes Beispiel ist das Projekt BIOINSPACED: Aufgabe dieses Projekts ist es, biologisch inspirierte Ansätze zur Beseitigung von Weltraumschrott zu finden. Die Anzahl an Satelliten und Sonden, die die Erde umkreisen, ist in den letzten  Jahrzehnten stark gewachsen. Entsprechend ist die Zahl an defekten Objekten, nicht mehr funktionsfähigen Sonden und Satelliten oder Bruchstücken nach Kollisionen gewachsen. Dieser Weltraumschrott gefährdet nicht nur intakte und künftige Objekte in den Erdumlaufbahnen, sondern auch die Kommunikation, Wetterdienste und Datenerhebung auf der Erde. Zusätzlich erschwert er die bemannte Raumfahrt. Die „Clean Space Initiative“ der ESA sucht deshalb nach Lösungen für das Problem und hat das CML mit der Identifikation und Analyse von bionischen Konzepten beauftragt, die für  die Einsammlung des Mülls eingesetzt werden können.

    Das bionische Knowhow, das sich das Fraunhofer CML in diesen Arbeiten und Anwendungsfällen angeeignet hat, stellt es auch anderen Unternehmen aus der maritimen Wirtschaft zur Verfügung, um herkömmliche Konstruktions- und  Fertigungsmethoden auf ihr biologisches Transformationspotenzial hin zu untersuchen. CML-Experten prüfen neue, innovative Möglichkeiten, um Produkte zu verbessern, die Effizienz zu steigern, nachhaltiger zu werden oder sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Die Natur als kreativer Lösungsgeber: Bionik kann das Denken in ganz neue Richtungen lenken und der Industrie bisher nicht da gewesene Ideen liefern. Finden Sie hier die Informationen zu unserem Bionik-Workshop.

    Innovatives Konzept Water Cargo Barge bring in Hamburg Güter auf Flüsse und Kanäle?

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    Transportketten und Warenströme wandeln sich mit der Zeit, folgen den Bedürfnissen von Industrie und Handel, reagieren auf geänderte Rahmenbedingungen. Das macht den Reiz der Logistik für viele Branchenbeteiligte aus, denn effiziente  Lösungen und sinnvolle Innovationen finden schnell ihren Weg in die Umsetzung. Dabei spielen neben wirtschaftlichen und regulatorischen Motiven auch ökologische eine immer größere Rolle, für Kunden ebenso wie für Transportdienstleister.

    Diese Rahmenbedingungen macht sich unser neues Projekt WaCaBa – kurz für Water Cargo Barge – zunutze. WaCaBa zielt auf die Stärkung von Wassertransport und -umschlag von Gütern auf Hamburgs innerstädtischen Gewässern. Das  Fraunhofer CML führt dazu eine Machbarkeitsstudie für die Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation BWI durch, die die Eignung der Wasserwege prüft und unter Ermittlung der Transportnachfrage in verschiedenen Marktsegmenten  Konzepte für Umschlaglösungen und den Betrieb autonomer Wasserfahrzeuge entwickelt. Ein wirtschaftlicher Betrieb der WaCaBa ist das Ziel. Der Betrieb der Barges soll die innerstädtischen Straßen entlasten und durch moderne Antriebe die Schadstoffemissionen des Lieferverkehrs reduzieren helfen. Andere europäische Städte mit innerstädtischen Wasserwegen, wie beispielsweise Paris und Amsterdam, setzen bereits Barges in Feldversuchen für die Versorgung von Hotels und Gastronomie, für die KEPBranche und weitere Nutzungsprofile ein.

    Wichtige Voraussetzung für den Einsatz der Barges ist die Befahrbarkeit der Wasserwege. Da in Hamburg viele von ihnen seit Jahren teilweise ungenutzt sind, setzt ihr Zustand enge Rahmenbedingungen für das Befahren und den Umschlag. Und nicht zuletzt sollen die Barges und die zugehörigen Umschlageinrichtungen für unterschiedliche Anforderungen betrieben werden – eine knifflige Aufgabe, der sich das CML, unterstützt von Wissenschaftlern des Fraunhofer IML, jetzt angenommen hat.

    Auf dem Weg zum autonomen Schiff? Automatisierung in der Seeschifffahrt

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    Oft hören wir die Frage, wann autonome Schiffe unterwegs sein werden. Das ist schwer zu beantworten, denn von der Realisierung sind neben der technologischen Umsetzung viele unterschiedliche Fragestellungen betroffen, die von Politik, Administration und Rechtsprechung zu lösen sind. Am CML arbeiten wir seit dem initialen EU-geförderten Projekt MUNIN, einer Konzeptstudie über die Herausforderungen an autonome Frachtschiffe, bereits seit 10 Jahren an der Entwicklung von Technologien, die die Automatisierung der Seeschifffahrt voranbringen. Unser Schwerpunkt liegt auf Lösungen, die sich auf die Überwachung, Navigation und Manöverunterstützung konzentrieren und bereits heute einsetzbar sind.

    Landkontrollstation

    Die vielfältigen Fragen, die sich aus dem Betrieb eines autonom fahrenden Schiffs ergeben, haben bereits im Projekt MUNIN die Idee angeregt, Landkontrollstationen einzusetzen. Sie sollen in der Lage sein, autonom fahrende Schiffe von Land aus  zu überwachen. Mittels Telemetrie werden relevante Informationen über die aktuelle Situation an Bord und den Zustand des Schiffs abbildbar und damit überwachbar, von nautischen Informationen über das Verkehrslagebild auf See, Wetter und Wellenbedingungen bis hin zum Betriebszustand der Maschinen und Aggregate an Bord. Im Falle einer Störung oder einer kritischen Situation kann eine Landkontrollstation die Kontrolle übernehmen und das Schiff sicher steuern. Eine  Weiterentwicklung dieser Fernüberwachung und -steuerung haben die Forschenden des CML gemeinsam mit der koreanischen Werft DSME entwickelt, denn die an Bord anfallenden Daten eines Schiffes sind für eine zeitnahe Auswertung an Land auch in der konventionellen Schifffahrt von großem Interesse.

    Wachfreie Brücke

    Auch zur Entlastung des nautischen Personals von Routinetätigkeiten und zur Erhöhung der Sicherheit können neue Technologien Unterstützung bieten. Eine aktive Verbindung des Steuerungssystems mit digitalen Seekarten ermöglicht die  Bestimmung eines sicheren Kurses unter Berücksichtigung der geltenden Regeln für Wegenutzung und Kollisionsverhütung. Eine Voraussetzung dafür ist der Einsatz eines autonomen Navigationssystems, das Signale anderer Verkehrsteilnehmer und Objekte z. B. über AIS, RADAR und Kamerasysteme aufnimmt und auswertet. Im Falle einer kritischen Situation kann das autonome System in einen Assistenzmodus bzw. teilautonomen Betrieb wechseln und durch ein Alarmsignal dem wachhabenden nautischen Offizier einen regelkonformen und an die Situation angepassten Vorschlag für Kurs- oder Geschwindigkeitsänderungen machen. Ein solches Navigationssystem für eine „wachfreie Brücke“, die das nautische Personal erst dann einbindet, wenn Entscheidungen gefordert sind, entwickelt das CML im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt B ZERO.

    Manöverunterstützung

    Autonome An- und Ablegemanöver großer Schiffe sind in naher Zukunft nicht zu erwarten. Zu komplex sind die nautischen und räumlichen Anforderungen, die heute durch Profis wie Lotsen und Schlepperkapitäne kompetent beherrscht werden. Nichtsdestotrotz sehen die Verantwortlichen vor Ort Potenziale in der digitalen Unterstützung dieser Prozesse, denn die Beschäftigung auf den Schleppern ist gefährlich und erfordert ein umfassendes Know-how und Erfahrung, und wie in vielen anderen Bereichen fehlt der Nachwuchs, um mit vergleichbarer Intensität wie bisher eine wachsende Anzahl an Schiffen sicher zu versorgen. Eine Lösung der Situation kann im Betrieb ferngesteuerter Schlepper liegen: Die wertvolle Ressource „Schlepperpersonal“ bleibt an Land und steuert den Schlepper unter Zuhilfenahme von Virtual Reality. Neben dem Gewinn an Sicherheit können die Personalressourcen so effektiver eingesetzt werden, denn die bisher erforderlichen An- und Abfahrtszeiten der Schlepper können für die Manöver zunehmender Schiffsankünfte genutzt werden. Im Projekt FernSAMS hat das CML mit der Entwicklung einer solchen VR-Steuerung, gemeinsam mit Projektpartnern aus Industrie und Wissenschaft, neue Maßstäbe gesetzt. Das Projekt, geleitet durch die Voith GmbH, wurde gerade auf der Nationalen Maritimen Konferenz vorgestellt und hat dort große Beachtung gefunden. Auch wenn die Frage nach der Realisierung des autonomen Schiffs jetzt nicht final beantwortet ist: Die Forschung arbeitet in unterschiedlichen Bereichen an der Entwicklung von Assistenzsystemen, die die Seeschifffahrt leichter und sicherer machen. Sie haben das Potenzial, die Effizienz knapper und teurer Ressourcen zu erhöhen und die Produktivität der Seeschifffahrt zu steigern. Und das in baldiger Zukunft.

    NEWSLETTER 1.21

    © C. Steinweg (Süd-West Terminal) GmbH & Co. KG
    Terminal Operating Systeme verbessern die Produktivität unterschiedlichster Umschlagprozesse.

    Künstliche Intelligenz für Hafenterminals - aktueller Marktüberblick veröffentlicht

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    Hohe Umschlagkapazitäten, neue Technologien und steigende  Kundenansprüche sorgen für eine zunehmende Konkurrenzsituation unter Terminalbetreibern. Die COVID- 19-Pandemie hat mit neuen Ungewissheiten und unsicheren Erwartungen die Planung vieler Terminals  auf den Kopf gestellt. Die sich ändernden Rahmenbedingungen stellen hohe Anforderungen an die Anbieter von Terminal Operating Systemen (TOS). TOS sind komplexe ITLösungen, die die Abläufe auf Terminals steuern und dokumentieren, um die Umschlageffizienz innerhalb eines Terminals zu optimieren. Um sich den neuen Bedürfnissen  und Anforderungen ihrer Kunden anzupassen, müssen die TOS-Anbieter ihre Produkte stetig weiterentwickeln. Mit den Zielen, Trends aufzuzeigen, Transparenz zu schaffen und Terminalbetreibern bei der Entscheidungsfindung für ein für sie optimales TOS zu helfen, veröffentlicht das Fraunhofer CML mit „Terminal Operating Systems 2021“ jetzt bereits die vierte Ausgabe eines Marktüberblicks. Eine Reihe von Innovationen hat im Laufe der letzten zehn Jahren TOS auf der ganzen Welt produktiver gemacht.

    Die ausgedehnte Datenerfassung durch technische und IT-Systeme auf den Terminals legt den Grundstein für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Die zielorientierte Datenauswertung ermöglicht immens viele Möglichkeiten, spezifische Informationen zu gewinnen und Prozesse zu optimieren.

    Immer mehr Anbieter und Anwender von TOS beginnen, dieses enorme Potenzial zu nutzen. Sie erwarten, dass KI Möglichkeiten für einen besser koordinierten und effizienteren Betrieb, geringeren Energieverbrauch und nahtlose Kommunikation eröffnet. Aus diesem Grund stellt der Einsatz von KI in TOS einen Schwerpunkt in der diesjährigen Studie dar. Darüber hinaus informiert die Studie detailliert über die Systeme, die heute auf dem Markt sind, und stellt ihre jeweiligen Leistungsmerkmale und Module übersichtlich und vergleichbar dar. Damit bietet die Studie auch eine Grundlage für Auswahl- und Entscheidungsprozesse. Die Studie „Terminal Operating Systems 2021“ ist in Englisch erschienen. Finden Sie einen alle Informationen für den Bezug der Studie hier.

    Wasserstoff - Mehrwerte für die maritime Wirtschaft und Logistik

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    Das Fraunhofer CML forscht an Speicherung, Umschlag und Transport „grünen“ Wasserstoffs.

    Experten zufolge wird Wasserstoff noch in diesem Jahrzehnt eine zentrale Rolle in der Energieversorgung Europas einnehmen. Die junge Wasserstoffindustrie strebt an, aus einem kostenlosen Rohstoff mittels überschüssiger Energie einen vielfältig einsetzbaren Energieträger zu synthetisieren. Die Treiber der Energie- und Verkehrswende setzen große Hoffnungen insbesondere in grünen, also mit erneuerbaren Energien produzierten Wasserstoff. Dabei steht der Fokus meist auf Erzeugungs- und Verwertungspotenzialen, selten auf Transport, Umschlag und (Zwischen-)Speicherung – und genau hier setzt das Fraunhofer CML mit neuen Projekten an. Ein Ausblick auf das Ende des Jahrzehnts: Die maritime Supply Chain beginnt weit vor der Küste. Nach dem Power-to-X-Prinzip wird Wasserstoff mittels norddeutschem Windstrom und Elektrolyseuren teilweise direkt auf See (offshore) produziert. Von dort wird er mit Bunkerschiffen in die Häfen transportiert, um dort in ein Wasserstoffnetz eingespeist und der Industrie und dem Schwerlastverkehr zugeführt zu werden. Der Standort Norddeutschland bietet für dieses Szenario auch wegen der leistungsstarken maritimen Industrie, dem Know-how für den Aufbau der Offshore- Produktionsstätten, den Transportund Umschlag an Land und denpotenziellen Großverbrauchern in Form der Industrie und der Seeschifffahrt gute Voraussetzungen.

    Der maritimen Wirtschaft kommt bei der Transformation in gewisser Weise eine Doppelrolle zu: Sie muss nicht nur Teil einer globalen Wasserstofflogistik werden und entsprechende Infrastrukturen (auch für Importe) in Häfen und Flotten aufbauen, also neben dem maritimen Transport auch Lösungen zum Umschlag im Hafen und für den Transport ins Binnenland entwickeln. Auch die Schifffahrt selbst muss als Emittent von CO2 (verantwortlich für knapp 3 Prozent der globalen Emissionen) und Schadstoffen nachhaltiger werden. Das CML arbeitet in beiden Bereichen an verschiedenen Lösungen mit.

    Unter anderem unterstützt es Unternehmen bei der Identifikation als auch der praktischen Umsetzung von Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff, sowohl beim Seeverkehr als auch in der Hinterlandlogistik. Dafür hat es gemeinsam mit weiteren Fraunhofer- Instituten eine aktuelle Studie durchgeführt. Darin werden die Voraussetzungen für die Supply Chain einer aufzubauenden Wasserstoffwirtschaft – sowie deren verkehrliche Bedarfe hinsichtlich Produktion, Transport und Nutzung – untersucht. Sie dient ferner als Vorstufe dazu, benötigte Technologien oder Dienste für Unternehmen in deren individuellen Bedarfs-Szenarien zu entwickeln. So sollen diese in die Lage versetzt werden, den zukünftigen Markt aktiv mitzugestalten. Auch das produzierende Gewerbe selbst lotet zunehmend die Möglichkeiten aus, seine Produktion zu dekarbonisieren. In einem Projekt zur Wasserstofflogistik modellieren und bewerten Mitarbeitende des CML passend dazu Logistikketten für den Wasserstofftransport zu einem Industrieunternehmen im Binnenland unter besonderer Berücksichtigung transportbedingter Energieverluste.

    Die Transport- und Logistikkosten gelten als entscheidender Wettbewerbsfaktor für die Konkurrenzfähigkeit von Wasserstoff – Transportverluste und die Anbindung der Industrie gelten immer noch als Schwachstellen. Ein weiterer Ansatzpunkt, Wasserstoff in der maritimen Logistik zum Einsatz zu bringen, sind synthetische Schiffstreibstoffe. Hierzu veranstaltet die Fraunhofer Allianz Verkehr unter Mitwirkung des CML eine Digital Session am 25. März 2021. Zum Thema »Wasserstoffbasierte Kraftstoffe in der maritimen Industrie« erläutert eine Expertenrunde den Stand und aussichtsreiche Entwicklungen der Wasserstofftechnologien in der Schifffahrt. Impulsvorträge werden sich mit den Motoren für Wasserstoff, der Entwicklung von Wasserstoff-Systemen und der erwartbaren Marktentwicklung befassen. Eine Diskussion mit den Teilnehmern über die aussichtsreichsten Entwicklungen ist ausdrücklich erwünscht.

    Im Laufe des noch jungen Jahrzehnts wird sich eine Wasserstoffwirtschaft etablieren, an denen mehrere Teilbranchen der maritimen Supply Chain entscheidenden Anteil haben werden, soviel ist sicher. Maritime Unternehmen sollten sich jetzt mit der Frage beschäftigen, wie sie ihre Geschäftsfelder darauf ausrichten und die Transformation mitgestalten können. Damit haben sie die Chance, sich frühzeitig am Markt zu positionieren,das Angebot mitzugestalten und von der Wertschöpfungskette zu profitieren.

    SCEDAS® - Workforce Planning. Mathematically Optimized.

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    Personalplanung unter Einsatz mathematischer Algorithmen.

    Mit der SCEDAS® Software profitieren Sie von einer Lösung, die sich seit vielen Jahren in der Praxis von der Container- bis zur Kreuzfahrtindustrie bewährt hat, sich aber auch in Anwendungsbereichen außerhalb der maritimen Industrie durchsetzen konnte.

    SCEDAS® bietet individuelle Unterstützung für den kurzfristigen Personaleinsatz, indem es mathematisch optimierte, detaillierte Personalbedarfe und Einsatzpläne ermittelt und vorschlägt. Es bietet Entscheidungshilfen für strategische Management-Entscheidungen sowie für eine dynamische Crew-Disposition an Bord. Die aufgabenbasierte Zeiterfassung an Bord der Schiffe schafft die notwendige Datengrundlage. Diese erlaubt eine aufschlussreiche Datenanalyse, die die unternehmensspezifische Konfiguration von SCEDAS® ermöglicht.

    Der Ansatz von SCEDAS® zur Personaleinsatzplanung erhöht die Planbarkeit für Seeleute, minimiert die Nichteinhaltung von Ruhezeiten und erhöht damit die Sicherheit des Schiffsbetriebs. Seine Lösungen schaffen Transparenz im Unternehmen und bieten eine datengestützte Diskussionsgrundlage, die die Qualitätsanforderungen der Kunden garantiert und gleichzeitig die Kosten senkt.

     

    Erfahren Sie mehr zu SCEDAS® in unserer interessanten Broschüre

     

    NEWSLETTER 4.20

    © Fraunhofer IML
    Das Internet der Dinge ermöglicht auch im Hafen effizientere und nachhaltigere Prozesse.

    Internet der Dinge: Das unsichtbare Netz im Hafen

    In einem modernen Überseehafen wie Hamburg den Überblick zu behalten ist nicht leicht. Komplexe Logistikketten vom Seetransport über den Warenumschlag im Hafen bis zur Hinterlandanbindung erfordern die Koordination unzähliger Teilschritte und Beteiligter. Dabei sind Reibungsverluste kaum vermeidbar – jedenfalls bisher. 

    Was lange unlösbar schien, macht das sogenannte Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) inzwischen möglich: die digitale Vernetzung vieler Einzelteile eines Systems untereinander, die dann direkt, automatisch und in Echtzeit festgelegte Informationen austauschen. Geräte oder Fahrzeuge kommunizieren mittels kleiner Prozessoren und eingebetteter Sensoren. So können sie sich beispielsweise gegenseitig ihre Standorte übermitteln. Mit entsprechender Programmierung können Geräte, Maschinen und Anlagen vorher entsprechend definierte Aufgaben autonom annehmen und bearbeiten.

    Im Forschungsprojekt I2PANEMA („Intelligent IoT-based Port Artefacts Communication, Administration & Maintenance“) werden die Rahmenbedingungen digitalisierter Häfen (Smart Ports) ausgelotet. Dazu wird unter Realbedingungen getestet, wie Häfen mithilfe der Digitalisierung von Prozessen durch IoT effizienter und umweltverträglicher werden können. 

    Dies soll durch eine Reihe von Anwendungsexperimenten in ausgewählten Geschäftsszenarien pilotiert und nachgewiesen werden. Die Forscher- und Entwicklerteams arbeiten hierzu mit Hafenbehörden, Reedern, Telekommunikationsunternehmen und KV-Terminalbetreibern zusammen. Konkret werden in dem Projekt mit der HPA (Hamburg Port Authority), DeltaPort, Bayernhafen, der DSW21 (Dortmunder Stadtwerke) und  weiteren europäischen Projektpartnern IoT-Anwendungen in den Häfen Hamburg, Wesel, Dortmund, Nürnberg, Gijon (Spanien) und Derince (Türkei) entwickelt und eine IoT-Referenzarchitektur abgeleitet. In dieser sollen selbststeuernde Containerstapler, intelligente Lichtmasten und autonome Portalkräne – dank IoT – optimal ineinandergreifen. Auch der sich selbststeuernde Container in agilen Logistikketten findet sich in dieser Vision einer nahtlosen IoT-Interoperabilität europäischer Seehäfen wieder, an deren Ende ein Netzwerk von Smart Ports bzw. durchgehend digitalisierten Häfen stehen könnte. Die Vernetzung all dieser Komponenten wäre ohne IoT nicht möglich. Im Projekt I2PANEMA werden nun Erkenntnisse über die Optimierung des Zusammenspiels im jeweiligen digitalen „Ökosystem“ und die Auswertung der gewonnen Informationen gesammelt.

    Einen weiteren Ansatz zur Digitalisierung des Hafenbetriebs verfolgt das Projekt dashPORT – kurz für „Port Energy Management Dashboard“. Hier liegt der Fokus auf bislang ungenutzten Potenzialen zur Energieeinsparung. Das hat gleich zwei positive Effekte, da neben immensen Kosten auch Emissionen eingespart werden können.

    Um die elektrischen Verbräuche aller relevanten Konsumenten im gesamten Hafenumfeld auf dem Terminal detailliert und in Echtzeit zu erfassen, werden derzeit rund 500 digitale fernauslesbare Stromzähler installiert. Die Messwerte werden durch IoT übermittelt und laufend ausgewertet, sowie mittels Machine Learning aufbereitet. Durch das Ermitteln und Aufzeigen der Stromverbräuche in einem zentralen, anschaulichen Dashboard ermöglicht dashPORT den bewussteren Einsatz von energieintensiven Verbrauchern und die Einsparung von vermeidbaren Energieverbräuchen. Neben der Informationsaufbereitung zur einfacheren Auswertung durch den Anwender können die Algorithmen Verbrauchsspitzen, die sich z. B. aus der Kenntnis anstehender Schiffsankünfte und den damit verbundenen Umschlagtätigkeiten ergeben, zuverlässig prognostizieren. So wird das Energiemanagement im Hafen transparenter und besser steuerbar.

    Bei allen neuen Möglichkeiten zur Digitalisierung der Häfen bleibt eine Herausforderung bestehen: Die reibungslose Kommunikation innerhalb des gesamten komplexen IoT-Systems zu gewährleisten, damit die Kompatibilität im Gesamtsystem funktioniert. Die Einsparpotenziale durch schlankere Logistik-Prozesse mittels Automatisierung und smarter Messtechnik sind enorm, diese erfordern aber einen gemeinsamen technischen Standard für IoT-Anwendungen. Für eine erfolgreiche Vernetzung und Informationsübermittlung müssen alle Komponenten über entsprechende Schnittstellen verfügen und die Datenformate aufeinander abgestimmt sein. Das erlaubt Hafen- und Terminalbetreibern künftig, die Effizienz von Arbeitsprozessen in Häfen zu verbessern und damit deren Warenumschlag zu erhöhen, Hafenverkehre besser und sicherer zu steuern sowie Emissionen (Lärm, Licht, Luft, Wasser) zu reduzieren. Die vorgestellten Projekte am Fraunhofer CML treiben diese Ansätze voran.

    Das autonome Forschungsboot SeaML - Forschungsplattform für maritime Innovationen

    © Fraunhofer CML
    Tests der vielfältigen Sensorik und des ROV bestätigen die Leistungsfähigkeit von SeaML.

    +++ UPDATE: Sehe Sie sich hier unser Video zu SeaML im Einsatz an: https://www.youtube.com/watch?v=6ZClDXvPiyA +++

    Unser erstes Forschungsboot ist ein autonomes Oberflächenfahrzeug (Autonomous Surface Vehicle, ASV) und heißt SeaML. SeaML verfügt über autonome Assistenz- und Navigationssysteme und dient als modulare Entwicklungs- und Demonstrationsplattform für verschiedene Innovationen aus Nautik, Sensorik und generell aus dem Bereich der maritimen Technologien. 

    Das Forschungsboot ist ein Katamaran mit den Abmessungen 1,5m Länge und 1,2m Breite. Die Rümpfe sind durch einen Aufbau verbunden, der als flexibler Träger für unterschiedliche Technologien dient. SeaML verfügt über 40 kg Nutzlast und kann daher mit umfangreicher Sensorik, z.B. zur hochgenauen Tiefenmessung, zur Umweltdatenerfassung und einem Unterwasser-Fahrzeug (Remotely Operated Vehicle, ROV) ausgerüstet werden. Für die Einsatzplanung von SeaML wurde speziell eine webbasierte Oberfläche entwickelt, mit der graphisch unterstützt Dienstleistungen und Arbeitsaufgaben definiert, Aufträge gestartet und kontrolliert sowie in die Steuerung eingegriffen werden kann. Damit können die Dienste von SeaML ortsunabhängig angefordert und gesteuert werden. Über ein Kabel ist das ROV mit einer Kamera und weiterer Sensorik mit SeaML verbunden.

    Erste Einsätze, die mit SeaML in diesem Sommer durchgeführt wurden, umfassten die Entwicklung innovativer Dienstleistungen für Häfen und den Test einer neuartigen Rumpfbeschichtung: Robotergestützte Unterwasserinspektionen und automatisierte Echtzeit-Hydrografie-Messungen als Vorstufe zur Strandungsvermeidung konnten erfolgreich durchgeführt werden. Hierbei diente SeaML auch als Träger für innovative Kommunikationstechnologie und Sensoriken von Projektpartnern. Zudem unterstützte SeaML als Versuchsträger für eine lufthaltende Folie, welche die Reibung zwischen Schiffsrumpf und Wasser verringert und damit den Treibstoffverbrauch senkt, die Beobachtung von Ergebnissen unter Fahrbedingungen. 

    Mit der Eigenentwicklung von SeaML haben wir eine flexible Plattform geschaffen, die für vielfältige unterschiedliche Forschungsaufgaben einsetzbar ist, unsere aktuellen Projekte unterstützt und für die Entwicklung neuer Ideen und Konzepte anpassbar ist. Die nächste Entwicklungsstufe wird die Kombination mit einer Flugdrohne sein, die SeaML als Start- und Landeplattform nutzen kann um eine höhere Reichweite zu gewinnen und luftbasierte innovative Dienste wie Inspektion oder Überwachung anzubieten. Eine besondere Herausforderung wird die Realisierung eines Sammelmechanismus‘ für maritimen Müll, dessen verkleinerter Prototyp mittels SeaML getestet werden soll.

    Ein zweites, größeres SeaML ist bereits in der Planung und wird die CML-Flotte im kommenden Jahr erweitern.

    Neue Erkenntnisse durch KI-Einsatz - Optimierungspotenziale für Leercontainer

    Die rechtzeitige Bereitstellung von Leercontainern am jeweiligen Verladeort ist ein entscheidender Baustein globaler Lieferketten. Allein die hiermit verbundenen Transportkosten liegen nach aktuellen Schätzungen in einer Größenordnung von 20 Mrd. USD pro Jahr. Gegenwärtig untersucht das Fraunhofer CML mit dem Projektpartner xChange, einem weltweit führenden Logistikmarktplatz zur Vermittlung von Seecontainern, wie Künstliche Intelligenz dazu beitragen kann, diese Kosten effektiv zu verringern.

    Ziel ist es, einen mit Techniken des Maschinellen Lernens entwickelten Container Availability Index zu prognostizieren, der Logistikunternehmen, Speditionen und Reedereien als Informationsgrundlage bei der Planung und Steuerung von Containertransporten dient. Unter dem Projekttitel C-TIMING wird das Vorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

    Erste Projektergebnisse zeigen, dass oft schon eine gezielte Auswertung der vorhandenen Daten – in diesem Fall mehrere Millionen Containerreisen – Zusammenhänge offenbart, aus denen sich Einsparpotenziale direkt ableiten lassen. Im Speziellen lag der Fokus hierbei auf Zusatzkosten bei verspäteter Rückgabe von Containern in den Bestand der jeweiligen Reederei. Die Analyse zeigt, dass diese oft vermeidbaren Kosten in der Praxis schnell im vierstelligen Bereich für das einzelne Unternehmen liegen. Für eine kostenminimale Strategie sollten dabei die großen regionalen Unterschiede hinsichtlich „Demurrage & Detention“ (Liegegeld im Hafen bzw. Kosten für verspätete Rückgabe von Leercontainern) genutzt werden. 

    Die in C-TIMING eingesetzten Analyse- und Auswertungsmethoden für große Datenmengen sind universell und auf viele Problemstellungen übertragbar. Wir unterstützen Sie gerne bei der gezielten Auswertung vorhandener Daten und Identifikation von Kostensenkungspotenzialen mit der Schlüsseltechnologie Maschinelles Lernen und bei der Ermittlung geeigneter Kennzahlen und umsetzbarer Erkenntnisse für Ihr Unternehmen. 

    NEWSLETTER 3.20

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    Satelliten sammeln und übertragen eine Vielzahl von Daten auch für maritime Anwendungen.

    Nutzung unbemannter Oberflächenfahrzeuge - Unrealistischer Hype oder umsetzbare Lösung?

    Die autonome Schifffahrt ist ein Thema von zunehmender Relevanz. Seit Jahren setzen sich die Forscher am CML mit ihren Herausforderungen auseinander und haben in der autonomen Steuerung sowie bei der digitalen Informationsgewinnung und -auswertung neue Maßstäbe gesetzt. Noch ist kein autonomes Arbeitsboot im Einsatz, das langfristig und zuverlässig den rauen Bedingungen auf See standhält. Doch an der Entwicklung wird intensiv gearbeitet. Gemeinsam mit Raytheon Anschütz hat sich das CML mit der Entwicklung von potentiellen Einsatzmöglichkeiten kleiner USV (Unmanned Surface Vessel) im Rahmen einer Machbarkeitsstudie auseinandergesetzt. Während die technische Konzeption von Raytheon Anschütz vorgenommen wurde, hat das CML die Wirtschaftlichkeit möglicher Einsatzbereiche für USV bewertet und darüber hinaus Nutzeranforderungen an diese Services erhoben. 

    Ausschlaggebend für die weitere Entwicklungsarbeit ist die Akzeptanz des Marktes: Interviews von Forschern des CML mit maritimen Stakeholdern haben ergeben, dass das Sammeln von Daten und Informationen über Wasserfahrzeuge, maritime Infrastrukturen oder auch über die marine Umwelt ein wichtiger Einsatzbereich für USV sein kann.  Mit ihrer Unterstützung können Wartungsprozesse effizienter gestaltet oder die Sicherheit in Seeverkehr und Umwelt erhöht werden. Auch der Einsatz von USV als Start- und Landeplattform für Drohnen ist eine Möglichkeit, den Operationskreis der Flugsysteme im maritimen Umfeld zu vergrößern. Nicht zuletzt können USV Transportaufgaben „on demand“, beispielsweise zu Offshore-Einrichtungen durchführen. Die Überwachung der USV könnte von Land, einer Offshore-Einrichtung oder einem Mutterschiff aus erfolgen.

    Gefördert wurde die Konzeptentwicklung durch das Programm ARTES der ESA, welches die Entwicklung, Implementierung und den Pilotbetrieb integrierter Anwendungen forciert, die zu nachhaltigen Diensten führen sollen. Der generelle Ansatz des Programmes ist es, Dienste zu entwickeln, die auf Weltraumdaten (z.B. Satellitenbilder, Satelliten-AIS oder Satellitenkommunikationsdaten) zurückgreifen. 

    Stromverbräuche auf Terminals visualisieren - Energiekosten und Emissionen senken

    Stromverbräuche auf Umschlagterminals sind hoch und variieren betriebsbedingt stark.  Das bringt finanzielle und ökologische Implikationen und Herausforderungen für die Netzbetreiber und Nutzer mit sich. Anlass genug, die Situation detailliert zu analysieren und mithilfe digitaler Lösungen zu verbessern. 

    Im Projekt dashPORT – kurz für „Port Energy Management Dashboard“ - werden nun die Unternehmen Niedersachsen Ports und das Umschlagunternehmen J. Müller in Brake durch das Fraunhofer CML und das OFFIS – Institut für Informatik bei der Einrichtung eines Energieverbrauchsmonitorings unterstützt. Um die Verbräuche aller relevanten Verbraucher im gesamten Hafenumfeld auf dem Terminal detailliert und in Echtzeit zu erfassen, werden rund 500 digitale fernauslesbare Stromzähler installiert. Deren Messwerte werden laufend ausgewertet und mittels Machine Learning aufbereitet. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den größten Verbrauchern, bspw. dem Getreideumschlag der J. Müller AG sowie dem Betrieb von Krananlagen und Beleuchtung durch Niedersachsen Ports.

    Ziel von dashPORT sind der bewusstere Einsatz von energieintensiven Verbrauchern und die Einsparung von vermeidbaren Energieverbräuchen. Darüber hinaus wird dashPORT Stromverbräuche und Verbrauchsspitzen vorhersagen, die sich aus der  Kenntnis  anstehender Schiffsankünfte und den damit verbundenen Umschlagtätigkeiten ergeben.  

    Mit der Realisierung von dashPORT kann der Hafen Brake aktiv zum Umweltschutz beitragen, Energieverbrauch und damit Emissionen effizienter gestalten und mit der Reduzierung von Lastspitzen an der Entlastung des Strommarkts teilnehmen. Das zahlt sich für die Unternehmen auch finanziell aus: Im Bereich des Stromverbrauchs werden Einsparungen um 10% erwartet.  

    DashPORT wird über drei Jahre durch das Förderprogramm IHATEC für Innovative Hafentechnologien des BMVI gefördert.

    Personalplanung 2.0: Zur rechten Zeit am rechten Ort

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    Die Personalplanung 2.0 optimiert Arbeitsprozesse und den zugehörigen Personaleinsatz.

    Die Schifffahrt und die maritime Logistik sind hocheffiziente und ausgefeilte Systeme. Viele früher sehr arbeitsintensive Vorgänge in Seetransport und Warenumschlag sind mittlerweile digitalisiert und automatisiert. Viele Arbeitsplätze stellen sich dadurch völlig anders dar und viele Mitarbeiter verantworten heute umfangreiche und komplexe Aufgabenbereiche. Sie effizient zu koordinieren ist Aufgabe der Personalplanung 2.0. 

    Der technische Fortschritt lässt viele Beschwernisse der Seefahrt aus alten Tagen vergessen, schafft allerdings auch neue Herausforderungen. Denn über die Jahre sind die Schiffsbesatzungen aufgrund von Effizienzanforderungen und technischen Innovationen der Schiffe immer kleiner geworden. Ein Beispiel: Die HMM Algeciras, ein Frachtschiff mit rund 400 Metern Länge und mit einer Kapazität von 23.964 TEU, verfügt über eine Crew von nur 23 Personen. Diese wenigen Offiziere und Matrosen müssen für einen störungsfreien Schiffsbetrieb optimal eingesetzt werden. Hier kommt es auf perfekte Planung an, um die Arbeitslast unter den Besatzungsmitgliedern, unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben, gleichmäßig zu verteilen und dafür zu sorgen, dass die richtige Person mit der passenden Ausbildung zur rechten Zeit optimal eingesetzt wird. 

    Herausforderungen bei Personalplanung und Personaleinsatzplanung

    Aus den reduzierten Personalressourcen auf den Schiffen erwachsen  Reedereien möglicherweise Risiken im Bereich der Compliance, beispielsweise bei der Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten. Zudem führten große Umschlagsmengen und kurze Liegezeiten von Handelsschiffen in den letzten Jahrzehnten zu einer höheren Arbeitsbelastung für die Crew. 

    Diese geänderten Rahmenbedingungen, in Kombination mit gesetzlichen Regelungen und administrativem Aufwand, machen die Beurteilung des Personalbedarfs allein nach Wissen und Erfahrung schwierig. Hinzu kommt der besondere Umstand, dass die Mannschaft an Bord sowohl für den Betrieb als auch für die Instandhaltung des Schiffes verantwortlich ist. Folglich ist das Instandhaltungsmanagement eng mit der Personaleinsatzplanung verflochten. Die Herausforderung besteht darin, die Interdependenzen zwischen Wartung, Betrieb und Besatzungsmanagement beim Schiffsmanagement zu berücksichtigen.

    Selbst kleine unvorhergesehene Zwischenfälle, ganz zu schweigen von einer Pandemie, wirbeln hier schnell alles wieder durcheinander. Um agil auf solche Entwicklungen reagieren zu können, ohne allein mit der Planung einen großen Zeitaufwand zu betreiben, braucht es ein flexibles System. 

    Smarte Unterstützung

    Um diesen Herausforderungen zu begegnen sind papierbasierten Planungsprozesse nicht mehr geeignet. Computergestützte Informationsmanagementsysteme spielen dabei heutzutage eine Schlüsselrolle. Daher hat das Fraunhofer CML das Software-Tool SCEDAS® entwickelt, das mathematisch optimierte Einsatzpläne berechnet und den reise- und schiffsspezifischen Besatzungsbedarf kalkuliert. Weltweit ist es bereits auf Container- und Massengutschiffen im Einsatz und wird ständig weiterentwickelt. Dabei deckt es verschiedene Anwendungsbereiche in der Personaleinsatzplanung ab. Es unterstützt u. a. die Planer mit Hilfe mathematischer Optimierungstechniken bei der Berechnung detaillierter Arbeitspläne für jeden einzelnen Seemann und berücksichtigt die für die Branche typischen Unwägbarkeiten, indem ausgefeilte Planungsalgorithmen den Arbeitsplan während der Reise ständig in Echtzeit aktualisieren. 

    Um die Gleichzeitigkeit von Wartung und Betrieb für die Besatzung besser bewältigen zu können, ist in der jüngsten Entwicklung von SCEDAS® ein datenbasiertes Entscheidungsunterstützungssystem für die Instandhaltung und Verwaltung vorgesehen. Es unterstützt bei der effizienten und vorschriftsmäßigen Planung von Wartungsarbeiten unter Beachtung der reisespezifischen Arbeitsbelastung der Besatzung und berücksichtigt dabei Anforderungen von Unternehmenspolitik, Klassifikationsgesellschaften und gesetzlichen Bestimmungen. Die genauen Anforderungen an die Softwarelösung entwickelt das CML auf die Bedürfnisse jedes Kunden individuell zugeschnitten. 

    So erhält jeder Nutzer mit SCEDAS® ein unternehmensspezifisches Personalplanungssystem.

    Anwendung in anderen Branchen

    SCEDAS® wurde für die intelligente Planung von Schiffsbetrieb und -instandhaltung entwickelt, eignet sich jedoch ebenfalls für das Personalmanagement in anderen Bereichen. Die Frage des richtigen Einsatzes der Mitarbeitenden, insbesondere in hochspezialisierten Aufgabenfeldern, kennen viele Unternehmen. Dort, wo die Personaleinsatzplanung Faktoren wie Verfügbarkeit, Fähigkeiten und Befugnisse der Mitarbeiter bis  hin zu rechtlichen Bestimmungen berücksichtigen muss, kann das Programm eingesetzt werden. Mehr Informationen zu SCEDAS® unter www.scedas.de.

    NEWSLETTER 2.20

    © Fraunhofer CML
    Die Analyse von Daten für das Wetter Routing ist relevant für eine sichere und effiziente Schiffsreise.

    Wichtig für die Wertschöpfungskette: der maritime Datenschatz

    LKW, die unkoordiniert an Terminalgates eintreffen, Schwierigkeiten, die Crew an Bord in der erforderlichen Anzahl und mit der erforderlichen Qualifikation zu besetzen, Schiffe, die nach wochenlager Fahrt auf Reede liegen - in der maritimen Transportkette können Reibungsverluste  und Ineffizienzen zu vermeidbaren Kosten und verringerter Produktivität führen. Vielfach deckt eine zielgerichtete Analyse vorliegender Informationen Schwächen und Optimierungspotenziale auf. Wir am Frauhofer CML nehmen diese Herausforderung  an und entwickeln Lösungen für die Praxis.

    Maritime Unternehmen häufen bei ihren Geschäftsaktivitäten digitale Daten in vielen unterschiedlichen Formen und Formaten an – teils systematisch, teils unbeabsichtigt. Die Daten kommen aus unterschiedlichen Quellen, beispielsweise aus der Schiffssensorik oder aus Flottenmanagementsystemen, und es liegen navigatorische und technische Betriebsdaten vor. Viele dieser Daten liegen oft unbeachtet und verstreut auf den Servern. Hierbei handelt es sich jedoch keinesfalls um Datenmüll, vielmehr lässt sich daraus für die Optimierung des weiteren Betriebs Kapital schlagen. Denn das richtig zusammengesetzte Mosaik dieser Daten liefert Informationen, die eine wichtige Grundlage für künftige Entscheidungen bilden können. 

    Fokussierte Datenauswertung 

    Das Fraunhofer CML besitzt die Kompetenz und die Methodik, Daten zielgerichtet zu interpretieren und zu bereinigen. Denn auch wenn sich in der Datenanalyse vieles mit Algorithmen erledigen lässt, liegt die Kunst im Wissen darum, wie die Daten aufbereitet werden können. Dazu ist Prozesskenntnis für die Interpretation der Daten notwendig. Indem beispielsweise Ähnlichkeiten und Muster in Datensätzen erkannt werden, kann eine unüberblickbare Datenbasis kategorisiert und erschlossen werden. Doch neben der Frage, welche Daten vorliegen beziehungsweise wie man sie erschließt, haben Unternehmer oft keine konkrete Vorstellung, welchen Gewinn die Datenanalyse überhaupt bringen kann. Gerade in der maritimen Logistik gibt es viele Anwendungsbereiche. 

    Optimierte LKW-Abfertigung 

    Daten können genutzt werden, um zum Beispiel LKW-Ankunftszeiten besser zu prognostizieren und so den Verkehrsfluss im Hafen zu verbessern. Dafür entwickelte das Fraunhofer CML ein Modell, welches ein digitales Abbild der Abfertigungsprozesse von logistischen Knoten wie Hafenterminals verwendet, um durch die Vorhersage von LKW-Ankünften eine optimierte Abfertigung zu erreichen. Dieses Verfahren verwendet historische und aktuelle Daten und beruht auf einem künstlichen neuronalen Netz, welches weitere Einflussfaktoren in Form von sogenannten Vorhersagewerten berücksichtigen kann. Damit können Planungsunsicherheiten reduziert und eine optimale LKW-Disposition bei Terminals, Spediteuren und Truckern erreicht werden, die vermeidbare Kosten verringern. 

    Flexible Crewplanung an Bord 

    In einem anderen Projekt wurde die Softwarelösung SCEDAS® entwickelt, um den Personaleinsatz an Bord eines Schiffes unter Verwendung von mathematischen Optimierungsmethoden effizient und regelkonform zu planen. Neben den besonderen Anforderungen einer spezifischen Reise an die Crew und ihre Qualifikation kann SCEDAS® gesetzliche Anforderungen berücksichtigen und dokumentieren und so die komplexe Aufgabe des Personalmanagements an Land und an Bord unterstützen. Mittlerweile wurde die Crewing-Software SCEDAS® weiterentwickelt, so dass nun auch freie Ressourcen des Personals für Instandhaltungs- und Wartungsaufgaben optimal genutzt werden. 

    Sichere und effiziente Schiffsreisen 

    Die Analyse von Daten des Automatischen Identifikationssystems (AIS), das u.a. Positions-, Geschwindigkeits- und Kursangaben von Schiffen auf See übermittelt, ermöglicht die Verbesserung der Routenführung und der Prognose von Schiffsankünften. Aus historischen Daten (das AIS wird seit 2002 von allen Handelsschiffen eingesetzt) können optimale Schiffsreisen abgeleitet, aber auch kritische, vielbefahrene Streckenabschnitte identifiziert werden, an denen eine erhöhte Aufmerksamkeit der Schiffsführer geboten ist. Die Korrelation von AIS- mit Wetterdaten erlaubt darüberhinaus eine verbesserte aktuelle Routenführung, die die Sicherheit und Effizienz einer Schiffsreise nennenswert erhöhen kann. 

    Sprechen Sie uns an! 

    Dies sind nur einige Beispiele aus der maritimen Wirtschaft, bei denen die Datenanalyse einen praxisrelevanten Mehrwert für unsere Kunden schaffen konnte. Auch bei anderen Projekten erfolgt die Auswertung immer nutzerorientiert und getrieben von der Frage: Wie kann die Analyse dem Kunden bei der Entscheidungsoptimierung helfen beziehungsweise wie kann er seine Daten sinnvoll anwenden?

    Zukunft maritimer Forschung und Ausbildung: virtuelle Manöver im Simulatornetzwerk

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    Standorte der EMSN-Schiffsbrückensimulatoren

    Das Europäische Maritime Simulator Netzwerk, kurz EMSN Connect, läuft seit über zwei Jahren schwerpunktmäßig als Plattform für die nautische Ausbildung und Tests neuer maritimer Anwendungen in Schiffssteuerung und -kommunikation. 10 Partner mit mehr als 40  Schiffsbrückensimulatoren sind mittlerweile Mitglieder des Netzwerks. EMSN Connect verbindet die virtuellen Schiffe in einer gemeinsamen Simulationsumgebung. Auf diese Weise können komplexe und realistische Verkehrssituationen konzipiert und in Echtzeit befahren werden. Die Ausdehnung des europäischen Netzwerks in Richtung Asien liegt im Erfolg des EMSN begründet. Im Asia-Pacific Maritime Simulator Network APMSN werden weitere Simulatoren in Südkorea eingebunden. Im Februar 2020 konnten so das Korea Research Institute Ships & Ocean  Engineering (KRISO), die Chalmers University of Technology/ Department of Mechanics and Maritime Sciences (Chalmers) und das Fraunhofer CML erstmals eine globale Simulation in EMSN und APMSN durchführen. Ein von Chalmers gesteuertes Schiff wurde dabei mit Hilfe eines  koreanischen Lotsen bei KRISO bei einem Hafenankunfts- und Anlegeszenario im Hafen von Busan unterstützt. Die Anweisungen des Lotsen wurden dabei von der „Besatzung“ in Schweden durchgeführt. Das CML steuerte in seiner Rolle als technischer Koordinator des EMSN das  technische Setup der erfolgreichen Simulation. Während laufender Simulationen erfasst EMSN Connect sämtliche quantitativen Daten eines Manövers. Qualitative Informationen können z.B. durch Befragungen von Simulationsteilnehmern oder externe Expertenbewertungen erhoben werden. Daraus ergibt sich die wichtige Möglichkeit, ein simuliertes Manöver im Nachhinein zu evaluieren und Verbesserungspotenziale für mehr Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit des Seeverkehrs aufzudecken. Das EMSN wurde in dem europäisch geförderten  Forschungsprojekt MONALISA 2.0 entwickelt. Das CML hat damals erstmalig Schiffsführungssimulatoren unterschiedlicher Hersteller für die Umsetzung gemeinsamer Manöver miteinander verbunden. So können virtuelle Schiffe von verschiedenen Standorten und Schiffsbrückensimulatoren aus miteinander interagieren und Szenarien getestet werden, wie es in der realen Welt nicht abbildbar wäre. Lesen Sie mehr über EMSN Connect unter emsn.connect.fraunhofer.de/.

    NEWSLETTER 1.20

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    Kein Widerspruch: Seefahrerromantik und Digitalisierung auf hoher See.

    Künstliche Intelligenz fördert Automatisierung an Bord und im Hafen

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    Leistungsfähige Infrastrukturen ermöglichen die Digitalisierung an Land und auf See.

    Innovationssprung wachfreie Brücke

    Zu den großen Herausforderungen der Seeschifffahrt zählen die Bewältigung des wachsenden Handelsvolumens, die Verbesserung der maritimen Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit und die Umweltfreundlichkeit. Im Zuge der informationstechnologischen Fortschritte haben diese Herausforderungen zur rapiden Entwicklung autonomer Technologien geführt. Im Rahmen des vom BMWi geförderten Forschungsprojektes B ZERO entwickelt das Fraunhofer CML jetzt in Kooperation mit Wärtsilä SAM, Hoppe Bordmesstechnik, NautilusLog, der Reederei Bernhard Schulte, dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sowie dem Fraunhofer FKIE ein Sensor- und Navigationssystem, welches zur autonomen Steuerung auf Handelsschiffen eingesetzt werden soll. Das System soll in der Lage sein, das Schiff zwischen definierten Abfahrts- und Ankunftspunkten autonom zu führen, so dass eine rund um die Uhr besetzte Brücke nicht erforderlich ist. Das Fraunhofer CML wird in B ZERO eine Künstliche Intelligenz zur autonomen Navigation durch den Einsatz von Reinforcement Learning entwickeln. Beim  "Verstärkenden Lernen“ kann ein System ohne Vorwissen, nur durch Ergebnisse bzw. Reaktionen auf seine Aktionen sinnvolle Entscheidungsrichtlinien trainieren. Reinforcement Learning wird am CML bereits in den Bereichen Objekterkennung sowie Robotik eingesetzt und unterstützt die vorausschauende Vermeidung von Kollisionen und Grundberührungen in nautischen Situationen. Die KI, die später die autonome Navigation in B ZERO übernehmen soll, wird am CML mit Hilfe der Simulation nautischer Szenarien mit unterschiedlichen Parametern wie bspw. Anzahl sich nähernder Schiffe, Seegebiet, Sicht- und Wetterverhältnisse, trainiert. Die anzulernende Entscheidungskomponente, bspw. die Kollisionsvermeidung, kennt den erforderlichen Zustand dieser vorgegebenen Rahmenbedingungen und reagiert mit den erlernten, angemessenen Fahrt- und/ oder Kursänderungen, um eine sichere Passage auf einer Route zu gewährleisten. Das zu erwartende Ergebnis ist ein Prototypsystem, welches in der Simulationslaborumgebung des CML weiterentwickelt und durch künftige Tests an Bord eines Frachtschiffs validiert wird.

    Effizienzsprung Bilderkennung 

    Große Potenziale für die maritime Logistik ergeben sich aus dem Einsatz der KI-unterstützten Bilderkennung, kurz Computer Vision. Sie ermöglicht neben der Erfassung digitaler Bilder deren Verarbeitung zu hochverdichteten numerischen Informationen, die maschinell weiterverwertet werden können. Damit ist Computer Vision eine Schlüsseltechnologie für die automatisierte Beobachtung von Zuständen und die Erkennung von Veränderungen. Diese Fähigkeiten ermöglichen vielfältige Einsatzmöglichkeiten im maritimen Bereich. In der Seeschifffahrt bspw. sind viele  autonome Manöver von der dauerhaften, zeitgleichen und zuverlässigen Situationsaufnahme abhängig, die Computer Vision ermöglicht. Schleichende Veränderungen, wie Erosionen von Kaimauern oder Verformungen eines Schiffsrumpfes, lassen sich ebenso durch Computer Vision feststellen, wie die Position von Ladeeinheiten an Bord oder auf dem Terminal. Das CML unterstützt Unternehmen der maritimen Wirtschaft dabei, die individuellen Möglichkeiten von Computer Vision zu identifizieren und zu erschließen. Im Rahmen des im Programm IHATEC geförderten Projekts COOKIE wird eine visuelle Schadenserkennung und bildbasierte Reparaturprognose von Leercontainern durch künstliche Intelligenz entwickelt. Hierdurch werden nicht nur geltende Sicherheitsstandards eingehalten, sondern auch Inspektionsvorgänge am Terminalgate effizienter gestaltet. Neben Computer Vision verfügt das CML über ein breites Kompetenzspektrum im Feld des Maschinellen Lernens insgesamt und bietet umfassende Lösungen für KI-gestützte Prognose- und Assistenzsysteme, vom Proof-of-Concept bis hin zur Implementierung an.

    Terminals für den kombinierten Verkehr dynamisch planen und simulieren

    Im Projekt ISI-Plan entwickelt das CML gemeinsam mit Partnern eine Software, mit der Terminals des kombinierten Verkehrs geplant werden können. Dazu kombiniert das Tool einerseits die bewährte Planungsumgebung visTable der Plavis GmbH und die Simulationskapazitäten von Enterprise Dynamics der INCONTROL GmbH. Das CML hat die Anforderungen für die Software analysiert und formuliert: Mit der ISI-Plan-Software wird es möglich sein, Dimensionen der Anlagen bzgl. Flächen, Krane, Wegenetze, Abstellflächen, Übergabepositionen und Anzahl der Fahrzeuge für den vertikalen und horizontalen Umschlag zu bestimmen und die Performance der Anlage unter diesen Prämissen zu testen. Dazu werden als Nebenbedingungen die zu erwartenden Fahrpläne, der erwartete Modal Split und die erwarteten Ladeeinheiten nach Typ eingegeben und das Terminal so skizziert. Die ISIPlan- Software kann sowohl bimodale als auch trimodale Terminals abbilden. Mit der Software werden Terminalbetreiber und -planer in die Lage versetzt, Betriebsszenarien schnell zu planen und mittels Simulation zu untersuchen. Investitionen können so im Vorfeld analysiert werden. Bislang basieren die Planungen von Anlagen überwiegend auf den vorliegenden Erfahrungen im Terminalbetrieb. Mit ISI-Plan wird dieser Erfahrungsschatz den Anwendern mathematisch validiert zur Verfügung gestellt. Damit leistet ISI-Plan einen wichtigen Beitrag zur Verlagerung des Güterverkehrs auf Schiene und Binnenschiff. Das Fraunhofer CML koordiniert das im Rahmen des Programms „KMUinnovativ“ geförderte Projekt ISIPlan.

    Saubere Meere dank Roboter und KI - SeaClear bekämpft Meeresverschmutzung

    © S. Sosnowski, TU München
    In Zukunft könnten Roboter mit Künstlicher Intelligenz die Meeresböden reinigen.

    Autonome Über- und Unterwasserfahrzeuge stellen am CML einen stetig  wachsenden Forschungsbereich dar. Jetzt zielt mit SeaClear ein neues  ehrgeiziges EU-Forschungsprojekt unter Beteiligung des CML darauf ab, mit ihrer Hilfe Abfälle im Meer zu identifizieren und zu sammeln.
    Die heutigen Ozeane enthalten viele Millionen Tonnen Müll, von denen sich über 90% auf dem Meeresboden befinden. Bislang konzentrieren sich Bemühungen, den Müll wieder einzusammeln, hauptsächlich auf den oberseeischen Abfall, während nur wenige Anstrengungen zur Sammlung von Unterwasserabfällen unternommen werden. Ein Forscherteam von acht Partnern aus Deutschland, den Niederlanden, Kroatien, Frankreich und Rumänien arbeitet nun an der Entwicklung von SeaClear. Das Ziel von SeaClear  - ein Akronym für „SEarch, identificAtion, and Collection of marine LittEr with Autonomous Robots“ - ist es, autonome Roboter für die Abfallbeseitung zu entwickeln und einzusetzen. Dazu gehören die Identifizierung und Kartierung von Objekten auf und unter Wasser sowie neue Entwicklungen in der Robotersteuerung. Wenn das
    SeaClear-System voll einsatzfähig ist, soll es Unterwasserabfälle zu 80% erkennen und klassifizieren und diese mit einer Erfolgsquote von 90% einsammeln. Im Rahmen des SeaClear-Projekts wird ein gemischtes Team unbemannter Unterwasser-, Oberflächen- und Luftfahrzeuge  zusammengestellt: Drohnen sollen Abfälle an der Wasseroberfläche finden und erkennen, die dann auf eine mögliche räumliche Beziehung zu Unterwasserabfällen untersucht werden. Inspektions-Unterwasserfahrzeuge werden ebenfalls für die Müllerkennung eingesetzt, der dann durch Sammel-Unterwasserfahrzeuge mit speziellen Sauggreifern aufgenommen werden soll. Das entwickelte System wird in zwei Fallstudien im Hamburger Hafen und in einem touristischen Gebiet bei Dubrovnik erprobt. SeaClear erhält 5 Millionen Euro Förderung aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union. Die zentralen Aufgaben des CML sind die technische Koordination und Integration des Gesamtsystems. In diesem Aufgabenbereich werden die Hard- und Softwareinfrastruktur sowie die Schnittstellen für den Datenaustausch zwischen den Roboterfahrzeugen und einem Landkontrollzentrum entworfen und implementiert. Die zuverlässige und robuste Übertragung von Informationen ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass das Landkontrollzentrum später den Einsatz, die Navigation und die Überwachung der unbemannten Fahrzeuge steuern kann. Lesen Sie mehr über SeaClear unter https://seaclear-project.eu/.